ahavta begegnet der macht von bildern und worten
Arye Sharuz Shalicar ist als Reservist zur Israelischen Verteidigungsarmee (IDF) eingezogen worden. Von dort berichtet er regelmäßig und gibt Interviews, so hier für den Journalisten-Blog „Ruhrbarone“.
Es herrscht nicht Krieg zwischen Israel und den Palästinensern. Es herrscht Krieg zwischen Israel und palästinensischen Terrororganisationen. Mit den Menschen, haben wir kein Problem. Solange es Terrororganisationen gibt, die uns bekämpfen, wird es immer wieder zu Konflikten kommen.
Wenn diese Terrororganisationen die Waffen niederlegen, den Konflikt beenden und sagen “Wir wollen ab jetzt Ruhe” – dann wird es Ruhe geben. Es liegt in den Händen der Terroristen.
Zum Jerusalemtag am 10. Mai hat der Künstler, Fotograf und Filmemacher Eitan Asraf im Auftrag der Stadtverwaltung ein ziemlich eindrückliches Video über die heilige Stadt von drei Religionen und vielen Völkern präsentiert (8 Minuten). Es sind die erstaunlichen Blickwinkel, die seinen Reiz ausmachen. Ein großer Teil des Films wurde nicht mit hochmodernen Kameras aufgenommen, sondern mit Asrafs Handy und Drohnen, die dir Jerusalem aus der Vogelperspektive zeigen.
„Jerusalem ist das Zentrum der Welt“, erklärt Asraf. „Das war ein unglaubliches Projekt, das mich durch ein ganzes Jahr der Inspiration getragen hat. Wenn das Thema eine Stadt wie Jerusalem ist, machen die Emotionen Überstunden, und die Vorstellungskraft kann einen in neue Gefilde befördern.“
Mitten im Krieg wirken die Szenen beinahe unwirklich. Andererseits sind so Hoffnungsbilder entstanden.
Fast 15 Millionen mal wurde dieser Filmclip abgerufen. Womöglich hat er zum Ausbruch des Raketenkrieges beigetragen. Er suggeriert: Die Al-Aqsa-Moschee brennt und Juden freuen sich darüber. Tatsächlich: Steine und Pyrotechnik werfende junge Muslime auf dem Areal setzten mit einem der Feuerwerkskörper einen Baum in Brand. Die Juden hatten sich bereits zuvor auf dem Platz vor der Westmauer aus Anlass des Jerusalemtages versammelt und feierten die Wiedervereinigung Jerusalems im Jahre 1967.
Die Ambivalenz, wie sie in den Bildern zum Ausdruck kommt, ist Jerusalem womöglich ins Herz geschrieben. Für mich macht das ein Text der Journalistin und Autorin Sarah Tuttle-Singer deutlich. Daher habe ich ihn für dich ins Deutsche übersetzt.
Die folgenden Worte sind Teil des jüdischen Abendgebetes an jedem Schabbat; sie sind aus dem Talmud dorthin gekommen. Der Gedanke, der darin zum Ausdruck kommt: Das Studium der Tora trägt zum Frieden in der Welt bei; daher sind die Schüler der Weisen nicht nur Söhne Israels, sondern auch seine Bauleute für die Zukunft sind.
Rabbi Elasar sagte im Namen von Rabbi Chanina: Die Schüler Schüler der Weisen vermehren den Frieden in der Welt. Denn es heißt (Jesaja 54,13): „Alle deine Kinder gelehrt vom Herrn und großer Friede deinen Kindern!“ — lies nicht banajich: deine Kinder, sondern bonajich deine Bauleute.
Großen Frieden haben alle, die deine Tora lieben; es gibt nichts, was sie zu Fall bringen würde. (Psalm 119, 165)
Ja, Friede herrsche innerhalb deiner Stadtmauern, Ruhe und Glück in deinen Palastanlagen. Wegen meiner Brüder und Freunde dort will ich dir Frieden zusprechen. Weil in dir das Haus des HERRN, unseres Gottes, steht, will ich nur das Beste für dich suchen! (Psalm 122,7–9)
Der HERR schenkt seinem Volk Kraft. Der HERR segnet sein Volk mit Frieden. (Psalm 29,11)
Zur Erläuterung: Da die Schrift keine Vokale enthält, erlaubt sie verschiedene Lesarten. „Deine Kinder“ und „deine Bauleute“ haben dieselben Konsonanten. Rabbi Elasar kann daher die genannte Lehre aus der Schrift ziehen.
Die Worte der Tora lernen und beten und leben – das ist der Weg über die Bedrängnis der Gegenwart hinaus. So hat es in Deutschland auch Franz Rosenzweig in seiner Schrift „Die Bauleute“ verstanden, der er die Talmudworte voranstellte.
Bereits der kleine Midrasch von Rabbi Elasar zeigt, dass zwar die Tora „Wahrheit“ ist, sie sich aber den Menschen nur mehrgestaltig zeigt (Kinder = Bauleute sind dieselbe Wahrheit).
Rabbi Israel von Rizin sagte über Rabbi Aharon von Karlin: „Sollte unter dem Fußboden ein Tropfen Wahrheit verborgen sein, so wäre er bereit, ihn mit den Händen auszugraben.“
Der Poet David Rokeach (1916–1985) spielt darauf in seinem Gedicht „Die Wahrheit“ an:
Er bohrte mit dem Finger / im Fußboden, im Gedächtnis / unter der Schwelle
Die Wahrheit über die Wahrheit / wird nicht entdeckt / ein Diamant zu tief vergraben
Die Dinge die zueinander wollen / verkörpern die Kraft / von Magneten
Ich hoffe, ich konnte dir heute etwas Orientierung in unübersichtlichen Zeiten geben. Schreib mir doch deine Gedanken!
Herzlich, Ricklef
PS: Auslegung der Tora hörst du Freitag, um 14 Uhr im „Wort zum Schabbat“ mit Rabbiner Dr. Walter Rothschild und die dialogische Gestalt der Suche nach Wahrheit „Sonntag in Jerusalem" um 17 Uhr im Gespräch mit Johannes Gerloff. Anmeldung für beides hier unter „anstehende Events“.