ahavta - begegnungen sieht, hört und liest
Berlin 1943: Das Naziregime hat die Reichshauptstadt offiziell für „judenrein“ erklärt. Doch einigen Jüdinnen und Juden gelingt es, unterzutauchen, sie werden zu „U-Booten“. Oft sind es Glück und jugendliche Unbekümmertheit, die sie vor dem gefürchteten Zugriff der Gestapo bewahren. Nur wenige Vertraute wissen von ihrer wahren Identität. Viel Hilfe erhalten sie auch von Nichtjüdinnen und -juden. „U-Boot“ Cioma Schönhaus hilft beispielsweise anderen Verfolgten, in dem er Pässe fälscht. Die junge Hanni Lévy blondiert sich die Haare, um als scheinbare „Arierin“ den NS-Schergen zu entgehen. Eugen Friede verteilt nachts im Widerstand Flugblätter. Tagsüber versteckt er sich in der Uniform der Hitlerjugend bei einer deutschen Familie. Ruth Gumpel serviert, getarnt als Kriegswitwe, NS-Offizieren Schwarzmarkt-Delikatessen, wobei ihr Arbeitgeber, ein SS-Offizier, der in einer Wannsee-Villa Feste mit seinesgleichen feiert, weiß, dass sie und ihre Freundin Jüdinnen sind. Allen „U-Booten“ ist gemeinsam, dass sie um ihr Leben kämpfen.
Der Kino-Film „Die Unsichtbaren“, der 2017 gedreht wurde, schildert ein weitgehend unbekanntes Kapitel des jüdischen Widerstands während der Zeit des Nationalsozialismus. Das Drehbuch basiert auf Interviews, die Regisseur Claus Räfle und seine Ko-Autorin Alejandra López damals noch mit Zeitzeugen führen konnten. Einfühlsam, sachlich bis beklemmend und erstaunlich humorvoll verweben sie die Spielhandlung mit Interview-Ausschnitten und Archivaufnahmen zu einem dichten, emotional bewegenden Drama.
Bis 10. März ist der Film bei 3sat zu sehen:
Das Buch „Die Unsichtbaren“ von Claus Räfle im Elisabeth Sandmann Verlag des Suhrkamps Verlages begleitet den Film. Durch zahlreiche Interviews mit den vier Überlebenden der Schoa wurden sowohl Film als auch Buch möglich, und was der Film nicht leisten kann, ist im Buch noch einmal genau dokumentiert.
Hoffnungsvoll und wehmütig zugleich gingen 937 Passagiere am 13. Mai 1939 in Hamburg an Bord eines der luxuriösesten Kreuzfahrtschiffe. Ihr Ziel: Kuba. Dort, wo sie herkamen, wollte sie niemand mehr. Das NS-Regime verfolgte sie, und sie tauschten ihre geliebte Heimat gegen die Freiheit, die auf der anderen Seite des Ozeans winkte. Doch dort, wo sie hinfuhren, wollte sie auch niemand. Nur – das wussten weder die 937 deutschen Jüdinnen und Juden noch der Kapitän. Er wusste nur: Seine Passagiere hatten ein Oneway-Ticket. Ein Zurück nach Deutschland bedeutete für sie den Tod.
Dass es aber auch nicht vorwärts ging, erfuhren Kapitän Gustav Schröder und seine Passagiere erst, als ihnen die kubanische Regierung die Einreise nach Havanna verweigerte. Nur 24 Passagiere durften wegen Krankheit von Bord gehen. Die elegante St. Louis musste den Hafen wieder verlassen. Eine Odyssee begann. Die anfängliche Euphorie wandelte sich in Verzweiflung. Doch dem Befehl seiner Reederei Hapag Lloyd „Zurück nach Deutschland“ wich Schröder mit viel Diplomatie aus.
Knapp einen Monat nach Verlassen des Hamburger Hafens endete die Irrfahrt der St. Louis, als das Schiff nach vergeblichen Anlandungsversuchen in den USA und Kanada in Antwerpen einlief. Nahezu ein Drittel der Passagiere werden in den folgenden Jahren von den Nazis ermordet.
Noch bis 26. Februar ist das 2019 verfilmte Drama mit dem Hauptdarsteller Ulrich Noethen wieder auf 3sat zu sehen.
Das Drehbuch basiert auf Tagebuch-Eintragungen Gustav Schröders, die auf dem Dachboden einer Hamburger Villa jahrelang unentdeckt in einer alten Seekiste lagen.
Den berühmten Dachbodenfund hatte der Großneffe Jürgen Glaevecke gemacht. Zusammen mit Stefan Lipsky und Manfred Uhlig gab er eine Buch-Dokumentation heraus. Sie erzählt von den Passagieren und dem Schiff. Breiten Raum nehmen die Gespräche mit Zeitzeuginnen und -zeugen ein. Geschildert werden auch Charakter und Beweggründe des Kapitäns, seine jüdischen Passagiere erstens respektvoll zu behandeln und seinen unbedingten Willen, sie vor dem NS-Rassenwahn zu retten. Gustav Schröder war NSDAP-Mitglied, einmal, weil das NS-Regime ihm sonst sein Kapitäns-Patent aberkannt hätte, zum anderen, weil er einen behinderten Sohn hatte, dem die NS-Euthanasie drohte. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrte Gustav Schröder als „Gerechter unter den Völkern“.
Ayala Goldmann erzählt in ihrem kürzlich erschienenen autobiografischen Buch in literarisch berührender Weise von ihrer durch die Shoa geprägten Familie.
Ihr Vater Shraga Goldmann, 1935 in Berlin geboren, gelangt mit seinen Eltern 1938 in das rettende Palästina. Als er 22 war, ging der Kibbuznik und Sozialist „dennoch“ nach Deutschland zum Medizinstudium. 1972 tritt er eine Stelle als Transplantationsimmunologe an der neu gegründeten Universität in Ulm an. Er wird Gründer des Zentralen Knochenmarkspender-Registers Deutschland für Leukämie-Kranke. Eine starke Vaterfigur – politisch engagiert, säkular und dennoch tief verwurzelt in jüdischen Traditionen.
Nach seinem Tod machte Ayala Goldmann sich auf die Spurensuche. Das Schicksal der ermordeten Verwandten versucht sie nachzuerzählen, viel Gesichertes lässt sich nicht finden. Der Teil der Familie, dem die Rettung nach Israel gelang, sprach nicht mehr über die in Europa ermordeten Familienmitglieder: „Es war eine versunkene Welt. (…) Das waren alles Tote, wir haben nicht gefragt“, erzählt Shraga seiner Tochter einmal (S. 43).
Ich muss dazu sagen, dass von unserer Familie mindestens 13 Menschen in der Shoa ermordet wurden, im Warschauer Ghetto oder in Treblinka höchstwahrscheinlich. Wir haben keine Spuren. Ich glaube, dass ich mit 30 Jahren einfach noch nicht so weit war, mich wirklich damit auseinanderzusetzen. Mit 30 - bei mir war das jedenfalls so - war ich so dermaßen damit beschäftigt, mich selbst zu finden und mich selbst irgendwie zu verorten in der Welt, dass ich damit nicht klargekommen bin und mich das eigentlich eher abgelenkt hat von dem, was für mich wirklich wichtig war. Und deswegen habe ich das auch irgendwann wieder zu Seite gestellt, weil ich das Gefühl hatte, damit werde ich jetzt gar nicht fertig. Das führt mich eigentlich eher in die Irre. Ich denke, das haben viele Menschen so, die sich mit ihrer jüdischen Familiengeschichte auseinandersetzen. Irgendwann kommt die Frage was bedeutet das für mich? Und da muss man auch irgendwann mal ganz klar sagen: Inwiefern bin ich wirklich davon beeinflusst? Und was ist mein eigenes Leben, was damit gar nichts zu tun hat? Und ich glaube, dass ich erst nach dem Tod meines Vaters - da war ich 48 - so weit war, mich diesem Thema so zu nähern, wie es eigentlich angemessen war.
Die Journalistin bei der Jüdischen Allgemeinen Ayala Goldmann berichtet dies in einem ausführlichen Interview bei NDR Kultur. Du kannst es hier nachhören:
Im Podcast von ahavta - Begegnungen berichtete Joram Oppenheimer von den enorm gestiegenen Lebensmittelpreisen in Israel. Jetzt nahmen tausende Israelis an einer Protestaktion teil. „Die Öffentlichkeit fängt an zu schreien und auf die Straße zu gehen, und das ist erst der Anfang“, sagte der Initiator und TV-Moderator Guy Lerer.
Wie die israelische Regierung reagiert, kannst du bei Israelnetz lesen:
Israel gestattet ab dem 1. März 2022 allen Touristen die Einreise unabhängig davon, ob sie gegen Covid-19 geimpft sind. Dies hat die israelische Regierung am Sonntag beschlossen. Premierminister Naftali Bennett erklärte dazu: „Wir sehen einen stetigen Rückgang der Sterblichkeitsrate. Wir waren die ersten, die den Himmel für Reisende schlossen. Nun sehen wir es an der Zeit, ihn wieder schrittweise zu öffnen.“
Wie Jerusalem mit dem Comeback der Pilger umgeht nach zwei Jahren absoluter Flaute wegen der Corona-Pandemie, kannst du in einer Reportage von Maria Sterkl im österreichischen Standard lesen.
Im jüdischen Wochenmagazin tachles schrieb Jaques Ungar am 14. Februar:
Der Kinneret-See im Norden Israels hat alle Chancen, nach den jüngsten starken Regenfällen zum ersten Mal seit 30 Jahren wieder das Maximum-Niveau zu erreichen. Das berichtete die israelische Wirtschaftszeitung ®Globes Ende letzter Woche. Dem Vernehmen nach stieg das Wasserniveau des Sees seit Beginn des Monats Februar um 21 Zentimeter. Damit war er letzte Woche nur noch 1,27 Meter von seinem Maximum-Niveau entfernt, wie die Kinneret-Behörde erklärte.
Allein in den letzten drei Wochen ist das Niveau des Sees in Galiläa um 51 Zentimeter gestiegen. Um im laufenden Jahr das Maximum-Niveau zu erreichen, wären im Februar und März noch weitere reiche Regenfälle nötig. Sollte dies geschehen, würde die israelische Wasser-Behörde den Degania-Damm am Südende des Sees öffnen, um Überschwemmungen zu verhindern. Der Damm, der Wasser durch den Jordanfluss in Richtung Totes Meer abfließen lässt, war das letzte Mal 1972 geöffnet worden.