ahavta+ feiert zweimal eine Geburt
Zum Wort zum Schabbat am Freitag habe ich kurz darauf hingewiesen: In diesem Jahr lief die Lesung des Wochenabschnittes „Schemot“ („Namen“) in den Synagogen, der mit 2.Mose 1 beginnt und die Geburt des Mose beinhaltet, der Lesung der Geburtsgeschichte Jesu nach Lukas in den christlichen Gottesdiensten am Heiligen Abend parallel.
In seinem Beitrag für die Jüdische Allgemeine zeigt Rabbiner Dr. Jehoschua Ahrens, dass dies nicht nur ein kalendarischer „Zufall“ ist.
Rabbinische Betrachtungen zur Parallelität biblischer Lesungen
Es ist die rabbinische Tradition, die erstaunliche Anklänge in den Auslegungen der Mosegeburt an die Evangelien spürbar werden lässt. Im Talmud wird gesagt, dass es eigentlich Miriam (= Maria), die Schwester des Mose, ist, die diesem das Leben rettete. Während die schriftliche Tora weiß, dass die beiden Hebammen Schifra und Pua die hebräischen Söhne vom durch Pharao befohlenen Tod retteten (2.Mose 1,15), erklärt der Talmud:
Pua ist Mirjam, und sie wird deshalb Pua genannt, weil sie redete (poa) und das Kind hervorbrachte. Eine andere Erklärung: Pua (hieß sie deshalb), weil sie durch den Heiligen Geist redete und sprach: Meine Mutter wird ein Kind gebären, das Israel erlösen wird.
Rabbiner Ahrens führt noch weitere Parallelitäten zwischen den beiden Geburtserzählungen in Tora und Evangelium an. Aus all diesen folgert er:
Hier zeigt sich wieder einmal, wie verwoben die rabbinische Literatur und die Evangelien sind. Die Geburtsgeschichte von Mosche wurde zwar erst lange nach Jesu Geburt niedergeschrieben, aber in der Spätzeit des Zweiten Tempels war sie gewiss schon mündlich bekannt.
Die Verfasser der Evangelien wollten also Jesus als den neuen Mosche darstellen, sie arbeiteten mit bekannten Motiven der jüdischen Tradition jener Zeit.
Lediglich seiner abschließenden Schlussfolgerung würde ich vom Neuen Testament her doch widersprechen:
Bei aller Ähnlichkeit in den Texten wurde Jesus dennoch nicht der Erlöser Israels, denn seine Botschaft war nicht an uns, sondern an die Heiden gerichtet.
Immerhin ist es der Evangelist Lukas selbst, der im Zusammenhang der Geschichte der Geburt Jesu dick unterstreicht, dass Gott in diesem Jesus seinem Volk Israel als „Retter“ entgegenkommt, sich an seine Barmherzigkeit erinnernd „seinem Diener Israel zu Hilfe kommt, wie er es unseren Vätern versprochen hat, Abraham und seinen Nachkommen für alle Zeiten“. (Lukas 1, 47.54–55).
So verkündet es Maria in Psalmworten lobsingend vor der Geburt ihres Sohnes. Und nach der Geburt, bei der Auslösung Jesu als Erstgeborener nach dem Gebot der Tora aus 3. Mose 12,2–8 ist es der greise Simeon, der im Tempel bezeugt (Lukas 2,30–32):
Mit eigenen Augen habe ich gesehen: Von dir kommt die Rettung. Alle Völker sollen sie sehen – ein Licht, das für die Heiden leuchtet, und deine Herrlichkeit aufscheinen lässt über deinem Volk Israel.
Ihm schließt sich die Prophetin Hanna an, die „allen von dem Kind erzählt, die auf die Rettung Jerusalems warteten“ (2, 38). Lukas bringt mit seinem Bericht die Überzeugung zum Ausdruck, dass aus diesem Kind diese erwartete Rettung kommen wird.
Freilich, Rabbiner Ahrens ist zuzustimmen, vom „Licht für die Völker“, dass Jesus Christus bedeutet, ist bislang nur sehr wenig auf das Volk Israel gefallen. Eher ist es über die Jahrhunderte hinweg ein tiefer Schatten, den die nichtjüdischen Völker – auch und gerade immer wieder unter Berufung auf den Christus – auf das jüdische Volk gelegt haben.
So befinden wir uns noch ganz am Anfang eines Weges, an dessen Ende dieser Jesus auch seinem Volk als Erlöser sichtbar werden kann.
Umso dankbarer lese ich es, wenn Jehoschua Ahrens schon jetzt rabbinische Autoritäten so zitieren kann:
Rabbiner Jacob Emden schrieb (…), dass Jesus »der Welt eine doppelte Güte zuteilwerden« ließ, denn »einerseits stärkte er die Tora«, und andererseits »beseitigte er die Götzen der Völker«. Daher sind »Christen Gemeinden, die zum himmlischen Wohl wirken und zu Dauerhaftigkeit bestimmt sind (…), und die Belohnung wird ihnen nicht versagt bleiben«.
Wie es die Erklärung orthodoxer Rabbiner zum Christentum ausdrückt, ist das Christentum »ein Geschenk an die Völker«.
Bereits Folge 17 (beim letzten Mal habe ich mich verzählt) der Videothek des jüdischen Lebens stelle ich dir heute zur Verfügung.
Der Thüringer Landesrabbiner Alexander Nachama öffnet darin eine der Torarollen der Erfurter Synagoge am Max-Cars-Platz. Er zeigt den hebräischen Text des Anfangs der Tora.
Der erste Buchstabe ist größer als alle anderen geschrieben. Es ist ein „Bet“, der zweite Buchstabe im Alfabet. Das letzte Wort der Tora lautet „Jissrael“, damit ist der letzte Buchstabe ein „Lamed“. Beide Buchstaben zusammen gelesen ergeben das Wort „Lew“, Herz. Was kann man daraus lernen?
Die Tora, so sagt man, wird zwar „gelesen“, eigentlich ist es jedoch mehr ein „Singen“ aufgrund besonderer Zeichen. Für die Aussprache des Textes bestehen hauptsächlich zwei Traditionen, die aschkenasische und die sefardische Lesart.
Darum bitte ich dich heute um dein Geschenk für Lifegate. Was ist Lifegate? Das erläutert Dr. Detlev Haupt in einem Interview (30 Minuten), das Matthias Baran vom Offenen Kanal Merseburg-Querfurt e.V. in diesen Tagen mit ihm geführt hat. Seinen Film stellt er ahavta - Begegnungen freundlicherweise zur Verfügung.
Lifegate sagt über sich selbst:
Wir helfen Menschen mit Behinderungen im Heiligen Land (Israel und den palästinensischen Gebieten) sowie in Jordanien, Irak und Ägypten durch Förderung, (Aus-)Bildung und Therapie selbstständig leben zu lernen. Wir ermutigen und stärken die Familien, sich gemeinsam mit uns für ihre wertvollen Kinder einzusetzen. Unsere Arbeit wird vom christlichen Glauben und Menschenbild getragen und durch Spenden, Dienstleistungen sowie den Verkauf eigener Produkte finanziert.
Bitte, hilf mit, diese erfolgreiche Arbeit von „Lifegate – Ein Tor zum Leben“ in Beit Jala, vor 30 Jahren ins Leben gerufen und bis heute geleitet von Burghard Schunkert, zu unterstützen. Hier findest du alle Informationen für deine Spende:
Nun wünsche ich dir nochmals schöne Weihnachtstage und einen guten „Rutsch“ (von hebräisch Rosch Haschana, Anfang des Jahres) ins neue Jahr. Möge es für Israel zuerst, aber auch für uns alle ein Jahr des Friedens werden! Und – bleibe auch mir und ahavta+ gewogen!
Herzlich, dein Ricklef