ahavta+ || Israel vor den Wahlen
Wie bei den vorangegangenen Wahlen war Benjamin Netanjahu das Kernthema im Wahlkampf. Bei dieser Wahl wird auch darüber entschieden, ob ihm nach seiner Abwahl im Jahr 2021 ein politisches Comeback gelingt. Gleichzeitig spiegelt der Konflikt um Netanjahu auch die politische Spaltung der israelischen Gesellschaft wider.
Die arabischen Listen sind sich nicht einig. Womöglich begünstigt diese Zersplitterung die Rückkehr Netanjahus in eine Regierung. Ministerpräsident Lapid muss allerdings diese Wahl nicht gewinnen, um im Amt zu bleiben – es reicht zunächst, wenn Netanjahu keine Regierungsmehrheit bekäme. Dann bliebe Lapid kommissarisch im Amt.
Interessant ist, dass die Wahlbeteiligung der arabischen Israelis – oder deren Fernbleiben von den Urnen – wohl das Ergebnis bestimmen wird. Insgesamt sind die Israelis der zuletzt etwa jährlich ausgerufenen Knesset-Wahlen ziemlich müde. Das zeigte sich auch im Wahlkampf.
Die Bundeszentrale für politische Bildung hat weitere Fakten zur Knesset-Wahl aufbereitet:
Die F.A.Z. hat einen Podcast zu den Wahlen geschnitten. Darin kommen der israelische Journalist Ofer Waldmann, eine palästinensischen Demokratieaktivistin, ein ehemaliger Soldat und ein Mann, der sich für die Aussöhnung von Israelis und Arabern einsetzt, zu Wort. Nicht unbedingt, was die Israelis im allgemeinen wichtig finden, und für deutsche Ohren aufbereitet, aber trotzdem interessant:
Wenn du am Wahlabend live die aktuellen Hochrechnungen verfolgen und die Stimmen von drei ausgewiesenen Israelexperten zum Urnengang hören möchtest, empfehle ich dir eine Kooperationsveranstaltung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) AG Freiburg, DIG AG Mannheim/Rhein-Neckar und DIG Region Stuttgart e.V. über Zoom am Dienstagabend ab 19.30 Uhr:
Wir präsentieren den israelischen Wahlabend mit Dr. Andrea Livnat (Tel Aviv), Dr. Ralf Balke (Berlin/Tel Aviv) und Dr. Marc Neugröschel (Jerusalem). Es moderiert Oliver Vrankovic (Ramle).
Zu Israel hat fast jeder eine Meinung, die mehr oder weniger gefestigt ist und sich oftmals Klischees bedient. Egal, ob es sich dabei um den Palästinenserkonflikt, die Siedlungspolitik, oder um den Frieden mit den arabischen Nachbarn handelt – zu Israel erlaubt man sich ein Urteil.
Ein soeben erschienener Band mit 15 Kurzgeschichten sehr unterschiedlicher und bekannter Autorinnen und Autoren zeigt eine Vielfalt von Meinungen und Zugängen aus jeweils sehr persönlicher Perspektive:
Überall waren in den letzten Wochen die Keile von Wildgänsen am Himmel zu sehen. Ihre Rufe lenkten den Blick nach oben. Ein einzigartiger Anblick, der das Leben der Zugvögel in Erinnerung ruft.
Der Hula-See in Galiläa ist einer der wichtigsten Orte der Welt für Zugvögel. Im Frühjahr und im Herbst ziehen jeweils etwa 500 Millionen Vögel durch das Hula-Tal. Bislang wurden etwa 300 verschiedene Vogelarten gesichtet. Einige Tausend der wandernden Tiere bleiben sogar während der Wintersaison. Von allen wird der See als Rastplatz und Nahrungsquelle geschätzt.
Im Rahmen der Entwicklung des Gebietes in einen Vogelbeobachtungspark hat der Jüdische Nationalfonds (KKL-JNF) ein neues Projekt gestartet. Dank einer komplexen Infrastruktur aus Glasfaserkabeln und drahtlosen Kommunikationssystemen können Interessierte nun Live-Bilder von acht HD-Kameras im Internet ansehen:
Mein derzeitiger Favorit ist diese Kamera auf Höhe des Wasserspiegels auf der Westseite des Sees:
Die palästinensische Gruppe Lion's Den, „Höhle der Löwen“ oder „Löwengrube“, hat in den letzten Monaten fast jede Nacht Angriffe auf Soldaten und israelische Zivilisten in der Region Nablus verübt. Bei einer Razzia am Dienstag töteten israelische Truppen den mutmaßlichen Anführer der Gruppe und vier weitere Bewaffnete und zerstörten eine Bombenfabrik. Am Mittwoch wurden drei weitere Mitglieder von israelischen Truppen verhaftet. Anfang der Woche wurde ein weiteres prominentes Mitglied bei einer Explosion getötet, die Israel zugeschrieben wird.
Die Gruppe besteht aus mehreren Dutzend Bewaffneten, die verschiedenen palästinensischen Gruppierungen angehören, darunter der Hamas, des Palästinensischen Islamischen Dschihad und der Fatah von Präsident Mahmoud Abbas. Die Palästinensische Autonomiebehörde, die über Hunderte von Sicherheitsbeamten in Nablus verfügt, hat bisher keine Massnahmen ergriffen, um die Terroristen der „Höhle der Löwen“ zu stoppen.
Im israelisch-palästinensischen Interimabkommen von 1995 heißt es in Artikel XIV:
Mit Ausnahme der palästinensischen Polizei und der israelischen Streitkräfte dürfen im Westjordanland und im Gazastreifen keine anderen bewaffneten Kräfte aufgestellt oder eingesetzt werden. Mit Ausnahme der Waffen, Munition und Ausrüstung der palästinensischen Polizei und der israelischen Streitkräfte darf keine Organisation, Gruppe oder Einzelperson im Westjordanland und im Gazastreifen Schusswaffen, Munition, Waffen, Sprengstoff, Schiesspulver oder damit zusammenhängende Ausrüstung herstellen, verkaufen, erwerben, besitzen, einführen oder auf andere Weise in das Westjordanland oder den Gazastreifen einführen.
Die Realität sieht anders aus. Der Sprecher von Mahmoud Abbas bezeichnete die Tötung des Anführers von Lion's Den als „Kriegsverbrechen“ gegen die Palästinenser. Und ein Mitglied des Zentralkomitees der Fatah schrieb bei Twitter: „Jeder ist die Höhle der Löwen und jeder die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden“.
In der langen, langen Liste der Anschläge auf Israelis in den vergangenen sieben Jahren, die das israelische Ministerium für auswärtige Angelegenheiten führt, bildete der vergangene Monat einen neuen Höhepunkt.
Im September wurden 254 Terroranschläge verübt. Davon ereigneten sich 212 Anschläge im Westjordanland und 42 in Jerusalem und an der Grünen Linie. Bei den Anschlägen wurden zwei Menschen getötet und 14 verletzt.
Zu den Angriffen gehörten 1 Steinwurf, 139 Brandbombenanschläge, 53 Rohrbombenanschläge und 34 Angriffe mit Handfeuerwaffen. Außerdem gab es 14 Brandanschläge, 4 Angriffe mit Fahrzeugen und 4 Anschläge.
Die durch wechselnde Regierung und häufige Neuwahlen geschwächte israelische Politik konzentriert sich auf innerisraelische Probleme und die Bekämpfung des Terrors. Hingegen weiß niemand, wie die Zukunft der palästinensischen Gebiete aussehen soll – was freilich auch an der parallelen Weigerung der palästinensischen Autonomiebehörde liegt, bestehende Vereinbarungen einzuhalten und auf ein mit Israel in Frieden lebendes Gemeinwesen zuzugehen.
Lieber schafft man dort Fakten im Verborgenen und Israel nimmt sie hin. Ein Beispiel dafür ist die illegale Bautätigkeit von Palästinensern im Gebiet C der Autonomie, das derzeit unter israelischer Gerichtsbarkeit steht.
Die NGO Regavim veröffentlichte kürzlich einen Bericht, der 5.535 neue illegale Bauten im Jahr 2022, verglichen mit 3.076 Bauten im gleichen Zeitraum des Vorjahres dokumentiert. Dabei handele es sich nicht um provisorische Hütten oder Behelfsunterkünfte, wie in früheren Jahren, sondern zumeist um repräsentative Bauten. Den Untersuchungen von Regavim zufolge gibt es in diesem Gebiet derzeit 81.317 illegale palästinensisch-arabische Bauten, die eine Fläche von rund 150km² bedecken – das Doppelte der gesamten jüdischen Siedlungsfläche in Judäa und Samaria, ob legal oder illegal. Die Zahl der illegalen jüdischen Bauten beläuft sich auf 4.382, wovon 406 neue Bauten im Zeitraum der neuen Studie errichtet wurden.
Über deutsche Medien erfährt man hierzulande freilich nur von „jüdischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet“.
Wie in ahavta+ schon mehrfach beschrieben, ist die Bedeutung der Abraham-Abkommen reziprok zu ihrer Wahrnehmung im deutschen Raum.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es mit Levi Duchman bereits einen „Oberrabbiner“. Die jüdische Gemeinde ist von ein paar hundert auf mehrere tausend Mitglieder angewachsen. Viele jüdische Familien sind über israelische und internationale Unternehmen in die Emirate gekommen.
In einem Interview sagte Rabbiner Duchman:
(D)er Hauptunterschied (zu anderen Teilen der arabischen Welt) besteht darin, dass die Vereinigten Arabischen Emirate uns die Möglichkeit gegeben haben, die jüdische Infrastruktur aufzubauen, die für die weitere Entwicklung der Gemeinde erforderlich ist. Mikwe, Gotteshäuser, koschere Restaurants haben es Juden leichter gemacht, sich hier ein Leben aufzubauen.
Selbst wenn Teile des Interviews sehr euphorisch klingen und man das in Rechnung stellt, drängt sich der Gedanke auf, dass es Juden in den VEA womöglich strukturell nicht schlechter geht als in Europa:
Es ist tatsächlich einfacher für mich, mitten in Dubai koscheres Essen zu finden als im Zentrum von London.