Chanukka • 2. Licht
Rabbiner Dr. Walter Rothschild: Für unsere Identität kämpfen – das ist Chanukka!
Gedanken zum Lichterfest kommen heute von Rabbiner Dr. Walter Rothschild.
Chanukka sameach!
Selten in meinem Leben war Chanukka so aktuell. Überall im Nahen Osten sehen wir, wie verschiedene Gruppen offenbar bereit sind, für ihren Glauben zu töten, für ihren Glauben zu sterben. In Westeuropa ist uns dieses Konzept fremd geworden, obwohl es in Magdeburg nun gerade erneut zu uns gebracht worden ist. Aber gerade deshalb haben die Europäer bisher versagt, wenn es darum geht, die verschiedenen Strömungen dort zu verstehen. Schiitische Muslime, sunnitische Muslime, Druzen, Yeziden, Alawiten und maronitische Christen und orthodoxe Christen und katholische Christen und – oh, nicht zu vergessen – Juden verschiedener Strömungen, Kulturen und sogar Glaubensrichtungen. Innerhalb Israels gibt es Streit darüber, ob und wie auch die so genannten Charedim teilnehmen sollen, aber mehrere hundert israelische Soldaten, sowohl Jugendliche als auch Reservisten, haben ihr Leben geopfert, um andere Juden vor Angriffen zu schützen.
Chanukka ist kein pazifistisches Friedensfest. Es ist ein Kampf um die eigene Identität als Jude. Damals ging es darum, den Tempel wieder zu reinigen, heute haben wir andere Formen jüdischer Identität – eine davon ist auch, im Land Israel zu leben – auch wenn so viele andere das nicht zulassen wollen… Und wenn das bedeutet, dafür zu kämpfen, dann muss man bereit sein, es zu tun. Trotz aller Klagen von Diplomaten, Studenten und Medien weltweit.
Die Juden in der Diaspora haben sich in diesem Jahr oft sehr einsam gefühlt. Chanukka gibt uns die Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie auch unsere Vorfahren für ihre Identität und Sicherheit kämpfen mussten. Nicht jeder von uns will oder kann eine Waffe in die Hand nehmen, und wir wissen, dass es auch andere Lösungen gibt – wenn die anderen dazu bereit sind – aber dennoch, wenn die Raketen, die Drohnen und die Interkontinentalraketen fliegen, wollen wir nicht nur beten, sondern zurückschlagen. Man kann nicht immer auf Wunder vertrauen!
Walter Rothschild