ahavta - Begegnungen

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der ahavta adventskalender • 13

Das 13. Tor im Warten auf das Fest der Geburt von Jesus von Nazaret

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Ricklef Münnich
Dez. 13, 2025
∙ Bezahlt

In diesem Jahr enthält der ahavta adventskalender 24 Zitate, die mir etwas bedeuten. Von Jüdinnen und Juden, die etwas weiterzugeben haben.

Der heutige Ausspruch ist anonym überliefert, wie zumeist in der Mischna. Er steht im Traktat Berachot (Lobsprüche), Kapitel 9,5. Die fehlende Nennung eines Lehrers bedeutet in der Regel, dass er der allgemeinen Meinung in der mündlichen Tora entspricht.

Jeder ist verpflichtet, Gott ebenso über dem Bösen zu loben, wie er Gott über dem Guten lobt. (Mischna Berachot 9,5)

Im traditionellen Judentum webt der Lobpreis ein feines Netz durch den Tag, das jeden Moment heiligt. Wir modernen Menschen hingegen vergessen oft das Danken, selbst wenn das Leben uns beschenkt. Doch die Weisheit der Mischna mutet uns noch Ungeheuerlicheres zu: Wir sind verpflichtet, das „Böse“ ebenso zu preisen wie das Gute.

Das klingt zunächst wenig einleuchtend, fast schmerzhaft. Doch dahinter verbirgt sich ein radikaler Schlüssel zur inneren Freiheit. Wenn wir Gott nur für das Gute danken, degradieren wir den Schöpfer unbewusst zu einem Dienstleister unseres Wohlbefindens und machen unser Ego zum Richter über die Realität. Wir gehen dann davon aus: „Was mir nützt, ist von Gott.“

Die hohe Kunst des Geistes besteht darin, auch im Widerstand und im Scheitern eine führende Hand anzunehmen. Wer den Schöpfer auch für das Dunkle preist, vollzieht einen mächtigen Schritt: Er verweigert dem Unglück den Status einer eigenständigen Macht. Wir entthronen das „Böse“ und erkennen an, dass es keine Kraft gibt, die unabhängig von der Quelle allen Lebens agiert. In diesem Moment lösen wir uns von der Erwartung, dass das Universum unseren Wünschen gehorchen muss, und finden einen Frieden, der nicht von äußeren Umständen abhängt.

Meditationsfrage:

Welcher Widerstand oder welche Sorge in meinem Leben könnte die bedrohliche Macht über mich verlieren, wenn ich sie nicht als „Fehler im System“, sondern als notwendigen Teil meines Weges betrachte, auch wenn ich den Sinn noch nicht erkenne?


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