der ahavta adventskalender • 2
Die 2. Tür im Warten auf das Fest der Geburt von Jeschua haMaschiach
Abraham J. Heschel schreibt in seinem Buch Israel. Echo der Ewigkeit (Neukirchen 1988) über die Hoffnung (Seite 58f.):
Hoffnung
Hoch über der tiefen Traurigkeit unserer Melodien, Ängste und Verfolgungserlebnisse, unserer Trauerriten und der Erinnerung an Kümmernisse schwebt die Macht der Hoffnung. Hoffnung ist unsere Stärke. Sie ist ein Lebensfaktor, der immer im Menschen am Werk ist und das Freisein vom Elend vorwegnimmt. Sie ist eine Kraft der Wahrnehmung, eine intuitive Erkenntnis, eine Vorausschau.
Hoffnung kann nicht alleine bestehen. Sie muss moralisch realisiert, in Treue gepflegt werden. Sie darf nicht an Beständigkeit und Intensität der Erwartung verlieren.
Hoffnung ist nicht Frohsinn, ein anlagemäßiges Vertrauen, dass sich alles zum Besten wenden werde. Sie ist nicht eine Neigung, sich mehr von Illusionen leiten zu lassen als von Tatsachen. Hoffnung ist eine Überzeugung, die im Vertrauen wurzelt, im Vertrauen auf Ihn, der die Verheißung gegeben hat, die Fähigkeit, sich über das Dunkel zu erheben, das das Göttliche überschattet.
Unser Volk wurde nicht von Verzweiflung überwältigt, weil jüdischer Glaube nicht einfach Glaube an ein höchstes Wesen, genannt Gott, ist. Unser Glaube ist Vertrauen auf Ihn, der den Menschen nötig hat, der mit uns allen verbunden ist, der gedenkt und wartet, dass sich Seine Verheißung erfüllt.
Aus der Bibel kommt eine Stimme: Hab Geduld, denn ich, der Herr, dein Gott, habe Geduld.
Jüdische Hoffnung lebte weiter als Sehnsucht und Erwartung, als Warten und Vorausschau. Bittachon – Hoffnung – ist vielleicht das charakteristischste Merkmal jüdischer Existenz. Glauben und Hoffen sind eins. Es ist Teil unseres innersten Wesens, der Zukunft treu zu sein, den Anfang lebendig zu erhalten, in dem man die Vision des Zieles nährt. Hoffnung ist der schöpferische Ausdruck des Glaubens. Wir verstehen vergangene Ereignisse falsch, wenn wir nicht der zukünftigen gewiss sind.
Nichts schien so schwer, so unmöglich zu begreifen wie der Gedanke an eine Wiederherstellung von Zion zur Zeit der Kreuzzüge oder z.B. während der Autodafés der spanischen Inquisition oder während des Pogroms von Chmielnicki 1648/49. Eine solche Hoffnung zu hegen konnte nur den Hohn und das Gespött jener erregen, die uns verachteten. 2000 Jahre lang hielt das jüdische Volk an der Hoffnung, am Warten, am Gebet fest. In den Augen der Zyniker war es ein sinnloser Traum, in den Augen Gottes ein allumfassendes Gebet.