der ahavta adventskalender • 21
Das 21. Tor im Warten auf das Fest der Geburt von Jeschua haMaschiach
Während der Jahre der Judenverfolgung und des Holocausts malte Marc Chagall zahlreiche religiöse Szenen aus der christlichen Tradition. Er schuf 1938 eine Kreuzigung und begann bald darauf mit der „Madonna des Dorfes“.
Die Arbeit an diesem Gemälde begann 1940, als er sich kurzzeitig in der provenzalischen Stadt Gordes aufhielt, wo er Asyl suchte, um dem Vormarsch der Nazis über Holland und Belgien nach Frankreich zu entgehen. Als er die Arbeit an diesem Werk wieder aufnahm, überarbeitete er einige Teile des Kunstwerks, die er zuvor skizziert hatte. Erst 1942 vollendete er das Werk, als er in New York lebte. Unten links auf diesem Ölgemälde auf Leinwand hat er seine Signatur und die Jahreszahlen (Marc Chagall 1938-1942) angegeben, die den Beginn und die Fertigstellung des Gemäldes kennzeichnen. Das fast quadratische Bild (102,5 x 98 cm) ist heute im Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid zu sehen.
Zarte Wolken, die Dunkelheit und Intrigen in einem azurblauen Himmel verbergen, stehen in der Mitte des Bildes, darin ein Engelsduo. Im goldenen Schein über den Köpfen sind irdische und himmlische Gestalten zu sehen. Dunkel und grau bis braun gehalten liegt links unten eine Siedlung. Es ist nicht Nazaret, vielmehr Witebsk, das Dorf, aus dem Chagall stammte.
Im Dorf ist es Nacht, eine Kerze und die Madonna werfen einen kleinen Lichtschein. Als Chagall die Madonna des Dorfes darstellte, lebte Chagall bereits länger im christlichen Frankreich. Wie in mehreren Madonnendarstellungen durch die Jahrhunderte hindurch hält die Maria hier einen Säugling in ihren Armen. Als Jude hatte Chagall seine eigene Version der Madonna. Wenn man sich diese auf Leinwand gezeichnete Illustration genau ansieht, scheint es, als ob die Madonna die Merkmale von Chagalls Frau Bella aufweist – sie trägt Weiß und hält ihre Tochter Ida im Arm. Chagall ist ebenfalls anwesend, und man sieht ihn, wie er die Madonna von oben küsst.
In der Nacht erscheint die Madonna als weibliche Retterin und als Erlösung für eine schwere Gemeinschaft. Die beste Rettung für die ständig verfolgten jüdischen Städte sah Chagall in einer reinen Frauenliebe, ähnlich der von Bella, seiner ersten Frau.
Diese Botschaft von Liebe in Zeiten der Verfolgung fand nach dem Weltkrieg verständlicherweise bei Christen mehr Anklang und Gefallen als bei Juden. Einige kritisierten, dass Chagall in seinen Werken christliche Symbole und Themen verwendete, was als Abweichung von einer jüdischen Identität gesehen wurde. Schwerer wiegt, dass die Madonna ihr Dorf nicht zu retten vermochte.
Heute kann uns die „Madonna des Dorfes“ in der Advents- und Weihnachtszeit zurück in ihren biblischen und jüdischen Kontext führen.