ahavta - Begegnungen

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der ahavta adventskalender • 8

Das 8. Tor im Warten auf das Fest der Geburt von Jeschua haMaschiach

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Ricklef Münnich
Dez. 08, 2025
∙ Bezahlt

In diesem Jahr enthält der ahavta adventskalender 24 Zitate, die mir etwas bedeuten. Von Jüdinnen und Juden, die etwas weiterzugeben haben.

Elija ben Solomon Salman lebte von 1720 bis 1797. Die jüdische Vorliebe für Abkürzungen von Namen nennt ihn den „Gra“ für Gaon Rabbi Elijahu. Bekannter ist seine Bezeichnung als „Gaon von Wilna“. Gaon war ein Ehrentitel, der ihm bereits zu Lebzeiten für seine außergewöhnliche Weisheit und sein umfassendes Wissen über den Talmud und die Tora verliehen wurde. Er war eine der herausragendsten und einflussreichsten Persönlichkeiten des jüdischen Geisteslebens im 18. Jahrhundert, ein brillanter Talmudist, Halachist (Experte für jüdisches Recht) und Kabbalist. Außerdem war er der führende Kopf der Opposition gegen die aufstrebende chassidische Bewegung, die er als Abweichung von der traditionellen jüdischen Gelehrsamkeit und Praxis ansah.

Für jeden Augenblick, in dem der Mensch seinen Mund zügelt, verdient er das verborgene Licht, das sich kein Engel und kein Geschöpf vorstellen kann. (Gaon von Wilna)

Den Satz schrieb Elijahu in einem Brief an seine Familie, während er sich auf seiner Reise nach Erez Jisrael befand. Mit ihm bringt er talmudische Weisheit (wie z.B. Chullin 89a, wo gesagt wird, die Welt existiere nur wegen derer, die sich im Streit zurückhalten) mit kabbalistischen Verheißungen über das Or HaGanus zusammen – das ursprüngliche Licht der Schöpfung, das für die Gerechten aufbewahrt wird.

Für den Gaon ist Schweigen eine aktive Handlung der Gewura (Strenge/Zurückhaltung). Wenn ein Mensch den Impuls verspürt zu sprechen – sei es Klatsch (Laschon Hara), Kritik oder Eitelkeit – und diesen Impuls stoppt, obwohl er brennt zu sprechen, überwindet er nicht nur seine Natur. Vielmehr schafft er eine spirituelle Energie, die die Kapazität von Engeln übersteigt. Denn wenn ein Engel schweigt, ist das nur sein Zustand. Engel haben keinen bösen Trieb (Jezer Hara).

Der Sieg eines Menschen über das „Geplapper“ öffnet hingegen ein spirituelles Gefäß, den Raum in seiner Seele für das Licht des ersten Schöpfungstages, das Gott verbarg, damit es nicht von den Gottlosen missbraucht wird. Der Gaon lehrt uns: Wer seinen Mund vor dem „Dunkel“ der Sünde verschließt, öffnet in sich den Raum für genau dieses verborgene Licht.

250 Jahre später ist der Lärm der Menschen nicht weniger geworden. Er hat jedoch die Form gewandelt. Wir leben im Zeitalter der digitalen Dauerrede. Die Finger tippen, bevor unser Herz geprüft hat. Der Lärm ist nicht mehr nur auf der Gasse, er ist in unserer Tasche, auf unseren Bildschirmen, in unserem Geist.

Wenn du schweigst, ziehst du deine Energie aus der Außenwelt zurück und lenkst sie nach innen. Du wirst vom Reagierenden zum Empfangenden. Kein Algorithmus und keine künstliche Intelligenz kann diesen Akt der Willensfreiheit vollziehen. Nur du.

Dieses ungesprochene Wort wird zum ursprünglichen Licht der Schöpfung. Es leuchtet in dir. Unberührbar. Rein. Dein.

Meditationsfrage:

Welches Wort, das du heute eigentlich sagen oder schreiben willst, kannst du bewusst zurückhalten – und wie fühlt sich der stille Raum an, den du dadurch in dir schaffst?


Falls du das Bild mit dem Satz des Wilnaer Gaon als Wallpaper verwenden oder weitergeben möchtest: Als Mitglied von ahavta+ kannst du es als Datei unter dem untenstehenden Link herunterladen.

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