ahavta+ || „Ein fast völliges Versagen der Kirchen“
Ein Ruf heraus aus der „kompromittierten Kirche“ zu Buße und Umkehr
In der zurückliegenden Woche schrieb mir eine Leserin: Wir sind immer wieder traurig, wenn in den Gottesdiensten (wir sind noch in der Landeskirche) nicht für Israel, speziell die Geiseln gebetet wird. Ich finde es erschütternd, wie unberührt aufs Ganze gesehen Kirchen und Gemeinden von den Geschehnissen des Schwarzen Schabbat geblieben sind und ihr vermeintliches Christsein fortsetzen, als sei nichts geschehen. Ein Bischof oder eine Bischöfin einer Landeskirche hätte, wenn es nicht aus eigener Einsicht in den Ortsgemeinden geschieht, ein regelmäßiges Gebet für Israel anordnen müssen. Aber das ist wohl ein frommer Wunsch.
Gewiss wird die Teilnahmslosigkeit angesichts der schlimmsten Massaker am jüdischen Volk seit der Shoah vor dem Richterstuhl Christi zur Sprache kommen. Das entbindet uns aber nicht von der Pflicht, jetzt nicht nur selbst für Israel zu beten – das ist wohl unsere Aufgabe, wie die zitierte Leserin erkennt –, sondern zur Umkehr zu rufen. Voraussetzung dafür ist die Einsicht in das Versagen.
Im Staat Israel hat man die Untersuchung des Versagens von Politik und Militär, die das ungeheure Ausmaß des Grauens der Schlächterei von Hamas und Gaza-Bevölkerung möglich werden ließen, auf den „Tag danach“ verschoben, nämlich nach dem Ende des jetzt zu führenden Krieges gegen die Terrororganisationen im Gaza-Streifen. Aber auch die Aufarbeitung der Wurzeln des mangelnden Mitgefühls für Jüdinnen und Juden in den Kirchen angesichts des brennenden Vernichtungswillens von offizieller palästinensischer Seite steht aus. Gebe Gott, dass sie nicht „ausgesessen“ wird und unterbleibt.
In ahavta+ habe ich am vergangenen Sonntag mit der Frage begonnen, wie Christen im Nahen Osten über Juden und Israel denken. Ich freue mich, hier mit einem Beitrag von Bertil Langenohl anknüpfen zu können. Er hat einen kritischen Blick auf die offiziellen Stellungnahmen der Jerusalemer Ortskirchen zum 7. Oktober geworfen. Ich danke dem Autor, der als katholischer Theologe und Reiseleiter mit seiner Familie in Israel lebt, für die Erlaubnis, seine Untersuchung hier zugänglich zu machen.
An amerikanischen Universitäten brodelt der Judenhass. Rabbi Meir Soloveichik zeigt in seiner Betrachtung zum Wochenabschnitt Achare Mot in der Reihe „Parasha and Politics“, wie sie ihre eigenen Wurzeln in der biblischen Religion gekappt und zur Entstehung „einer völlig neuen Religion“ beigetragen haben. In ihren Lehren „sind es die Juden, die als Unterdrücker bezeichnet werden, obwohl es wiederum die Juden waren, die angegriffen, vergewaltigt und ermordet wurden.“
Soloveichiks Gedanken von jüdischer Seite können ein Anstoß sein, der noch offenen Frage nachzugehen, wie lebendig die biblische Wurzel bei uns in Kirche und Gesellschaft eigentlich noch ist.
Ich wünsche dir eine gute Lektüre und einen schönen Sonntag
dein Ricklef Münnich
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