ahavta+ || Lernen im Online-Zeitalter
Orientierung in unübersichtlicher Zeit wird immer wichtiger. Durch Tora und Evangelium ist sie zu finden. Das ist leichter gesagt als gelebt. Wie kommt man über Bibellesen hinaus?
Vor einigen Tagen führte ich ein Gespräch mit einem jungen Paar, das mich noch nicht loslässt. Mir wurde deutlich, wie schwer es ist, einen Weg zu finden, der in christlich-jüdischer Verbundenheit verläuft und zugleich die Lebenswirklichkeiten im Blick behält.
Abi (die Namen habe ich geändert) ist Jude und Israeli. Sein familiärer Hintergrund ist links-zionistisch und säkular. Mira ist Christin und Deutsche. Ihr familiärer Hintergrund ist evangelisch und eher traditionsgebunden. Beide leben seit einiger Zeit zusammen in Deutschland. Die Liebe verbindet sie, natürlich. Doch sie suchen nach einem gemeinsamen Weg, der sie nicht in den Beliebigkeiten oder auch den Ideologien, die unsere Gegenwart prägen, aufgehen lässt.
Drängend wird beiden die Suche, wenn sie an ihre erhofften Kinder denken. Da gibt es die formale Seite, nach der diese nur dann Juden wären, wenn Mira zuvor zum Judentum übertreten würde. Eine christliche Taufe jedoch würde andererseits auch heute noch bedeuten, alles Jüdische abzustreifen und sich einer jahrhundertealten Tradition der Judenfeindschaft auszusetzen.
Wo gibt es Paare, Gruppen oder Gemeinschaften, die einerseits nicht nur „orthodoxe“ Antworten haben, die über die konkreten Lebenserfahrungen und -wirklichkeiten hinweg reden, und die sich andererseits nicht in „liberaler“ Oberflächlichkeit erschöpfen?
Wahrscheinlich beschäftigt mich das Gespräch mit Mira und Abi auch deshalb, weil ich mit ahavta - Begegnungen selber einen „dritten Weg“ suche, der jenseits von „christlich-jüdischen Dialogen“ oder wechselseitiger Gleichgültigkeit verläuft. Es gibt Anfänge. Solche erkenne ich, wenn ich Woche um Woche mit Rabbinern und jüdischen Lehrern zum Schabbat über einen Abschnitt der Tora sprechen und ihnen lernend zuhören kann und dabei in der (unsichtbaren) Gemeinschaft vom mehreren hundert weiteren bin, die ebenfalls hören und lernen.
Eine erlebbare Gemeinschaft erwarte ich, wenn vom 29. Juli bis 1. August mehr als zwanzig Menschen in der Heimvolkshochschule Kloster Donndorf mit zwei Rabbinern lernen und diskutieren. Nach Rücksprache mit der Hausleitung hat diese noch einige wenige weitere Teilnehmerplätze ermöglicht – falls du noch hinzukommen möchtest.
Auch Abi und Mira wollen lernen. Aber wie geht das, wenn man ganz überwiegend auf sich selbst gestellt ist und nicht beim Lesen der Bibel stehen bleiben will, sondern die Tradition der Auslegung bis in unsere Gegenwart hinein mithören will? Dieser Frage möchte ich künftig noch einige Male nachgehen. Heute mache ich einen Anfang, indem ich auf Möglichkeiten hinweise, die das digitale Internetzeitalter eröffnet. Sie sind ein Geschenk, das es auszupacken und zu nutzen gilt.
Eine gute Woche beginnend mit einem friedlichen Sonntag wünscht dir
dein Ricklef Münnich
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