Machtwechsel im Nahen Osten: Riad löst Jerusalem ab
Bin Salmans Besuch in Washington signalisiert eine neue Ära: Saudi-Arabien wird zum wichtigsten Partner der USA. Israel droht den Anschluss zu verlieren. Von Menachem Lawan.
Der folgende Beitrag konnte exklusiv für ahavta - Begegnungen aus dem Hebräischen übersetzt werden. Dafür bin ich dem Verfasser dankbar verbunden. Menachem Lawan schreibt hier unter Pseudonym.
Etwa tausend Beamte werden Bin Salman bei seinem Besuch in Washington begleiten. Es wird eine Show der Gewinner sein, so wie Trump es liebt. Bin Salman und nicht Netanjahu, Saudi-Arabien und nicht Israel, stehen ganz oben auf der Prioritätenliste Washingtons. Wir, Israel, sind nicht dabei.
Denn im Nahen Osten spricht man nicht mehr nur mit Waffengewalt und Aggressivität, wie manche bei uns behaupten. Nicht länger… Der Verstand spricht nicht weniger als die Gewalt der Waffen. Geld, Wirtschaft, wirtschaftliche Allianzen. Geschlossene Staaten öffnen sich. Sie nutzen ihre Ressourcen, um ihre Zukunft zu sichern.
Eine Vision jenseits des Öls
Der Chefredakteur der in Saudi-Arabien erscheinenden Zeitung Arab News, Faisal Al-Abbas, schrieb zum bevorstehenden Besuch einen Leitartikel: „Saudi-Arabien ist längst keine Wirtschaft mehr, die nur auf Öl basiert, Sondern auf Tourismus, Bergbau, Gesundheit und Technologie.“ Anders als nach dem Zweiten Weltkrieg in den Tagen Roosevelts und Abd al-Aziz, als die Zusammenarbeit auf „Sicherheit für Saudi-Arabien, Öl für die USA“ beruhte.
„Saudi-Arabien ist keine Geldmaschine, sondern eine stabile Kraft.“ Mit anderen Worten: Wer glaubt, die Saudis treten auf der Stelle, oder wie der israelische Finanzminister Smotrich sie als „noch immer Kamelreiter“ beleidigte, sollte aufwachen. Saudi-Arabien ist ein Staat, der auf Tourismus, Gesundheit, Bergbau und Technologie basiert. Ein strategisch äußerst wichtiger Staat.
Der hohe Preis für Israel
Al-Abbas schlägt Israel vor, sich Bin Salmans Vision des „Neuen Europa“ anzuschließen. Diese Vision fügt sich in Trumps globale Vision ein – eine wirtschaftliche und kommerzielle Achse zwischen Indien und dem Osten, über Saudi-Arabien und den Nahen Osten bis nach Europa. Eine Art Gegenstück zur chinesischen „Neuen Seidenstraßen“-Initiative. Um sich dieser Vision anzuschließen, muss Israel die Klausel eines glaubwürdigen Weges zu einem unabhängigen palästinensischen Staat akzeptieren. Mit anderen Worten: Wenn ihr keine Schritte zur zukünftigen Anerkennung eines palästinensischen Staates unternehmt, werdet ihr zurückbleiben.
Ob die Saudis von den USA die hochentwickelten Waffen vor oder nach dem misslungenen israelischen Angriff auf Doha in Katar verlangten – der Angriff liefert jedenfalls ein starkes Argument für ihre Aufrüstung. Deshalb werden sie Dutzende F-35-Kampfflugzeuge, modernste Drohnen, Nachrichtensysteme, Luftverteidigungssysteme und vieles mehr erhalten. Lebewohl, relativer militärischer Vorteil Israels in der Region!
Die Saudis wollen auch die Genehmigung und Unterstützung für den Bau unabhängiger ziviler Atomreaktoren oder alternativ den Bau von Reaktoren, die von den Amerikanern auf ihrem Gebiet betrieben werden. Und das Highlight ist ein umfassendes, fest verankertes Verteidigungsabkommen. Nicht wie der Brief, den Trump dem katarischen Emir Tamim gab, sondern ein breites, in Beton gegossenes Abkommen.
Die wahre Strategie: Dominanz durch KI
Und es ist möglich, dass Trump es ihnen gibt. Saudi-Arabien und in geringerem Maße die Emirate und Katar sind seine Bonanza. Nicht nur Geld, Trump-Türme und Resorts – sondern ein superwichtiger Partner in einem gewaltigen Krieg gegen die Chinesen in Bezug auf die Kontrolle über die künstliche Intelligenz. Und hier kommt nun die ganz große Geschichte…
Um dieses Feld zu beherrschen, muss Trump die Überlegenheit in der Chip-Entwicklung sichern. Die Chips, mit denen Supercomputer in Datenzentren gebaut werden. Der Kern, der die gesamte bestehende Technologie ersetzen wird.
Um die Chinesen zu überholen, braucht er Kontrolle über die Mineralien, aus denen die Chips hergestellt werden (derzeit werden 70 Prozent dieser Mineralien von den Chinesen kontrolliert), sowie astronomische Mengen an elektrischer Energie für den Betrieb der Datenzentren.
Was die Mineralien betrifft – hier verstehen wir, warum er sich für den Konflikt zwischen Kongo und Ruanda, für Grönland und andere abgelegene Orte interessiert. Er begehrt ihre Mineralien. Was den Strom und die Energie angeht – hier kommt Mohammed Bin Salman ins Spiel.
MBS [Mohammed bin Salman] hat im Rahmen seiner Vision 2030 klugerweise verstanden, dass die Zukunft in der künstlichen Intelligenz liegt. Deshalb strebt er danach, Saudi-Arabien als KI-Großmacht zu positionieren. Zu diesem Zweck gründete er Anfang 2025 einen KI-Investmentfonds namens Humain. Bei all den Billionen, die in diesem Fonds stecken, hat meine eigene Intelligenz ausgesetzt. Unfassbare Summen.
Dieser Fonds wird in amerikanische und globale Start-ups investieren, die sich mit KI beschäftigen, und führt bereits jetzt massive Kooperationen mit Alphabet, Amazon, Anthropic und anderen durch. Diese Giganten werden Datenzentren im ganzen Königreich eröffnen, von Riad bis Dammam, von Dschidda bis Neom. Und warum eilen diese Unternehmen nach Saudi-Arabien? Weil Trump ihnen die Bürokratie erleichtert und, was noch wichtiger ist, sie in Saudi-Arabien zuverlässigen Strom zu vergünstigten Tarifen erhalten werden.
Bin Salman begnügt sich nicht damit, Datenzentren zu beherbergen, sondern eröffnet auch Chip-Entwicklungszentren in Zusammenarbeit mit Nvidia, dem mächtigen Chip-Hersteller.
Politische Kurzsichtigkeit statt Zukunftsstrategie
Jetzt verstehen wir also, welchen Status wir in den USA bei unserem besten Freund haben. Irgendwo im Mittelfeld, mehr nicht. Und statt aufzuwachen und an dem gewaltigen Spiel teilzunehmen, das sich vor unseren Augen entwickelt – verstricken wir uns in internen Kämpfen mit politischen Nebelkerzen, angeführt von einer schwachen und gescheiterten Regierung.

