Rabbiner Dr. Jehoschua Ahrens würdigte heute im Gespräch mit mir das Pontifikat von Papst Franziskus im Licht der jüdisch-christlichen Beziehungen. Der Rabbiner begegnete ihm im Jahre 2017 persönlich und wurde von ihm für sein Engagement im katholisch-jüdischen Dialog mit einer Medaille ausgezeichnet. Er beschreibt den Papst als einen authentischen, bescheidenen und den Menschen zugewandten „Volkspapst“. Er habe eine besondere Gabe gehabt, auf Augenhöhe zu kommunizieren, was Ahrens im kurzen Dialog mit ihm deutlich wahrnahm.
Franziskus setzte die von seinen Vorgängern Johannes Paul II. und Benedikt XVI. geebneten Wege fort, indem er Israel, Yad Vashem und Auschwitz besuchte und Antisemitismus verurteilte. Besonders hob Ahrens die Geschwindigkeit hervor, mit der Franziskus Zeichen setzte: Israel war eines seiner ersten Reiseziele, und seine bereits in Argentinien bestehende Nähe zur jüdischen Gemeinde sowie seine Freundschaft mit Rabbiner Abraham Skorka prägten sein Pontifikat. Sein starkes Engagement für Arme, Benachteiligte und den globalen Süden war ein weiterer wichtiger Akzent seiner Amtszeit.
Gleichzeitig wurde eine gewisse Ambivalenz in Franziskus' Haltung deutlich, insbesondere im israelisch-palästinensischen Konflikt. Sein Bestreben nach Neutralität, beeinflusst durch seine südamerikanische Herkunft und den Fokus auf Unterdrückte, brachte ihn nach Ansicht von Ahrens manchmal in die Nähe palästinensischer Narrative. Dies zeigte sich etwa, als er am Tag seines Besuches in Yad Vashem auch an der Trennmauer zwischen Jerusalem und Bethlehem betete. Nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 wurde kritisiert, dass Franziskus die Hamas als Terrororganisation kaum benannte und versuchte, eine problematische Balance zu halten, etwa durch zeitnahe Audienzen für Angehörige israelischer Geiseln und Palästinenser aus Gaza.
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