Für wirklich alle Israelis war die vergangenen zwei Wochen bis über den Rand angefüllt mit dem Versuch zu begreifen, was im Gürtel um den Gaza-Streifen geschehen ist. Immer mehr Nachrichten und Zeugenberichte drängten in die 24-Stunden-Sendungen im Fernsehen, die Zeitungen und die „sozialen Medien“. Ungezählte Geschichten von den Tötungen und Verschleppungen der Bewohner der Kibbuzim und Dörfer, der Teilnehmer des Musikfestivals.
Sie wären wahrscheinlich nicht Israelis, wenn sie sich in ihre Trauer hätten fallen lassen. Stattdessen standen sie auf zur Hilfe. Wenn schon die Regierung und der Sicherheitsapparat versagt hat, dann nehmen wir jetzt selbst die Dinge in die Hand. Die schier unglaublichen Hilfeleistungen sind ebenfalls unzählbar.
Eine Wunde, die offen ist und durch die vielen Hundert Hilferufe und Aufrufe in den sozialen Medien offen gehalten wird, sind die Geiseln im Gaza-Streifen.
Viele Menschen, nicht nur in Israel, haben Sorge vor einer Regionalisierung des Krieges. Dabei ist die Bedrohung des jüdischen Staates schon länger eine der gesamten westlichen Welt. Nur, dass man es zumeist vorgezogen hatte, diese nicht sehen zu wollen.
Das sind die Themen der heutigen Ausgabe. Ich beginne sie mit einer Einladung. Worte eines Gebets aus dem Siddur, dem jüdischen Gebetbuch, schließen auch heute ab.
Schalom für Israel, Friede für SEIN Volk!
dein Ricklef Münnich
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Begreifen, was geschehen ist
Sprechen
Nach dem Gemetzel von Hamas und selbst von ganz „normalen“ Einwohnern von Gaza an Erwachsenen, Kindern, Babies und alten Menschen im israelischen Gaza-Gürtel ist Israel im Krieg. In Deutschland und Europa wird das nicht recht verstanden. Man versucht zu oft mit den Worten von vor dem 7. Oktober weiterzumachen: Gerechtigkeit, Verhältnismäßigkeit, Ausgleich usw.
Ich habe Mitglieder des Global Israel Leadership gebeten, uns zu erklären, was am Schwarzen Sabbat geschehen ist und was es bedeutet – für Israel, für uns, für die Welt.
Heute um 11 Uhr, begegnen wir Eitan Drori in Melbourne, Australien, und Yoram Ehrlich in Saarbrücken. Sie eröffnen meine neue Reihe „Israel inside“.
Du kannst dich mit deinen Fragen an Eitan und Yoram einbringen.
Hier meldest du dich an: https://ahavta.clickmeeting.com/israel-inside/register
Lesen
Daniel Chaklai ist Reporter. Er hat über einen der mehr als 1400 Toten im Gaza-Gürtel geschrieben. Über einen, der keine Schlagzeilen bekommt. Über einen Menschen. Seine lakonische, geradezu monotone Beschreibung eines Mordes klingt in der originalen hebräischen Sprache noch eindringlicher.
Schlomo Ron war nicht bewaffnet. Schlomo Ron war nicht auf Patrouille oder so. Er war ein alter Mann. Ziemlich krank. Ein zarter Mensch. Schlomo liebte Theater, Musik und Bücher. Er liebte Hanna, seine Frau. Viele Jahre hatten sie zusammengelebt. Er liebte seine Töchter. Und er liebte seinen kleinen Enkel sehr.
Er mochte den Gesang von Rachel. Und auch die Werke von Naomi Schemer. Er liebte Kunst.
Schlomo und Hannah lebten in Nachal Os. Sie haben den Ort nie verlassen. Auch in wirklich beängstigenden Zeiten nicht. Sie lebten einfach dort. Sie hatten sich für dieses Leben entschieden. Sie waren auch am Morgen des 7. Oktober 2023 dort.
Ihre Töchter waren bei ihm zu Hause. Ihr Enkel war bei ihnen. Simchat Tora. Feiertag. Das Ende von Sukkot. Sie müssen eine schöne Zeit zusammen gehabt haben.
Massenmörder überfielen ihren Kibbuz. Verbrecher gegen die Menschlichkeit. Es gab keine Verteidigung gegen sie. Der Geheimdienst brach zusammen. Die Grenze wurde durchbrochen. Die Armee war nicht da. Auch der Grenzschutz nicht. Sie wurden mit bewaffneten, ausgebildeten und gut ausgerüsteten Kriegsverbrechern allein gelassen.
Schlomo war nicht bewaffnet. Er war nicht auf Patrouille oder so. Er war kein General im Militär. Er war ein älterer Mann mit Schnurrbart und Brille. Er war ziemlich krank. Er hatte eine sanfte Seele. Er liebte Theater, Musik und Kunst.
Er kam aus dem Schutzraum, in dem sich seine geliebte Hanna und seine geliebten Töchter und der Sohn der einen – sein geliebter kleiner Enkel – versteckten.
Er setzte sich ins Wohnzimmer seines Hauses. Er saß allein da. Er wartete auf die Mörder. Und sie kamen.
Als sie ihn allein im Wohnzimmer seines Hauses sahen, erschossen ihn die Mörder. Sie sahen einen älteren und kränklichen Mann, der allein in einem Sessel saß. Und sie haben ihn hingerichtet. Eine ältere Person, ein kinderloser Mann, dachten sie. Es gibt keinen Grund, sich dort noch länger aufzuhalten.
Deshalb verließen die Mörder das Haus und setzten ihren Weg fort.
Das war Schlomos Plan. Allein im Wohnzimmer auf die Verbrecher gegen die Menschlichkeit zu warten. Damit sie denken, er sei ein alter und einsamer Mann. Kinderlos. Alleinlebend. Er wusste, dass sie ihn töten würden. Er hoffte, dass sie weiterziehen würden, nachdem sie ihn getötet hatten. Sie würden denken, er lebe allein im Haus.
Schlomo Ron rettete das Leben seiner geliebten Hanna. Er rettete das Leben seiner geliebten Töchter. Er rettete seinen geliebten kleinen Enkel. Sie alle wurden gerettet, während sie still im Schutzraum saßen. Alle wurden dank Schlomo gerettet.
Schlomo Ron wurde in der Siedlung Kinneret begraben. Er liegt jetzt neben Rachel, der Dichterin. In der Nähe von Naomi Schemer. Jetzt ist er tot.
Schlomo Ron war nicht bewaffnet. Er war nicht auf Patrouille oder so. Keinesfalls ein General im Militär. Sicherlich kein erfahrener Kämpfer oder in irgendeiner Kampfkunst ausgebildet. Schlomo war nur ein alter Mann, etwas kränklich, mit einem netten Lächeln und einem freundlichen Blick. Schlomo war ein sanfter Mensch, der Theater, Musik und Bücher liebte. Ein sanfter Mann, der Hanna und ihre Töchter und den kleinen Enkel liebte.
Schlomo Ron war ein sanfter Mensch ohne körperliche Stärke oder ähnliches. Keine Waffe, keine Ausbildung in Terrorismusbekämpfung. Nur ein alter und ziemlich kranker Mann. Nur ein sanfter Israeli mit Schnurrbart und Brille. Nur ein sanft aussehender Israeli, der seine Frau, seine Töchter und seinen kleinen Enkel liebte.
Aber Schlomo Ron war ein Held Israels.
Hören
So viele schreckliche Bilder und Videos kursieren im Internet. Kinder darf man das nicht anschauen lassen. Dir selbst solltest du das auch nicht zumuten. Um das Ausmaß der Gräuel zu erahnen, lasse ich Jossi Landau erzählen. Er ist einer der vielen Freiwilligen von ZAKA, זק״א, Sihui Korbanot Ason, der Organisation zur Identifizierung von Unfallopfern. Sie leistet seit 1989 Hilfe bei Unfällen oder Attentaten und sammelt Leichenteile ein. Frage nicht, wie deren Mitarbeiter aushalten, was sie am und nach dem Schwarzen Sabbat gesehen und getan haben!
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