ahavta+ || sucht Worte
Leere Worte und Worte der Umkehr, Worte des Hasses und Worte der Tora
Mir fehlen eigentlich die Worte, um dir heute zu schreiben. Das Ausmass des Bösen, der Gewalt, der Unmenschlichkeit, des Pogroms, das uns in der vergangenen Woche in Bildern und Beschreibungen von für ihr Leben traumatisierten Israelis begegnet ist, ist so schockierend, dass mir noch immer der Atem stockt. Was soll ich sagen, was schreiben?
Mir kommt die Rabbinerin Angela Buchdahl zu Hilfe. In ihrer Predigt zum Schabbat Bereschit in der New Yorker Central Synagogue rief sie zu Beginn genau das aus: Ein Milim, Keine Worte! – um dann doch mit und aus der Tora tröstliche Worte zu finden: Im Anfang war das Wort.
Ich schaue mit wachsender Verzweiflung auf die Worte aus den Kirchen und kirchlichen Organisationen. Ich nenne dir wenige Beispiele. Johannes Gerloff drückte es vor vier Tagen so aus: Ich habe Angst um uns als Christen, ich habe Angst um die Kirche weltweit.
Mit Johannes Gerloff kannst du heute Nachmittag selbst zusammentreffen, wenigstens an deinem Bildschirm. Gemeinsam werden wir um 17 Uhr über seine Sicht auf die Situation in Israel sprechen. Tritt hier zu einem neuen Treffen in der Reihe Sonntags in Jerusalem ein:
Die Worte der Hamas haben sich seit Jahrzehnten nicht verändert, aber man hat sie nicht verstehen wollen. Was jetzt zu Untat und Wirklichkeit geworden ist, fiel nicht vom Himmel. Es kam aus der Hölle – mit Ansage.
Ein Wort aus Israel soll nicht fehlen. Es ist ein Kommentar aus der Wochenendausgabe der israelischen Zeitung Maariw.
Worte des Gebets schließen diese Ausgabe ab.
Schalom für Israel, Friede für SEIN Volk!
dein Ricklef Münnich
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So viele Tote, die für immer schweigen
Zahlen überschreiten jedes Vorstellungsvermögen. 1.300 Menschen waren in den vergangenen Tagen in Israel zu beerdigen. Auf die Bevölkerung Deutschlands bezogen wären das mehr als 12.000 Opfer. Im kleinen Land Israel ist beinahe jeder über Verwandte und Freunde betroffen.
Wenn Jüdinnen und Juden die Toten erwähnen, fügen sie nach deren Namen traditionell eine Variante von Friede sei mit ihm oder Möge ihr Andenken ein Segen sein hinzu. Bei der Erwähnung von Opfern antisemitischer Morde heißt es hingegen Möge der Herr ihr Blut rächen.
In der Fülle der Nachrichten der letzten Tage habe ich die Quelle für den folgenden Bericht verloren:
Die Beerdigung der Toten ist in der jüdischen Tradition ein akribischer Prozess. Der Körper wird gründlich gereinigt, gepflegt und die Nägel werden geschnitten. Dann wird der Leichnam in einem Ritual, das als „Taharah“ oder „Reinigung“ bekannt ist, in ein Becken mit kaltem Wasser, die sogenannte Mikwe, getaucht. Nicht so bei den mehr als 1.300 Opfern des Angriffs auf den Süden Israels am Samstag. Sie haben nach jüdischem Recht den einzigartigen Status von „kedoschim“ (Heiligen) oder Märtyrern.
„Wenn es sich um jemanden handelt, der [zur Heiligung des Namens Gottes] getötet wurde, schreibt das jüdische Gesetz vor, dass wir nichts anfassen“, erläutert Rabbi Eljada Goldwicht. „Die Art, wie die Person gefunden wird, ist die Art, wie sie begraben wird. Er wird mit seiner Kleidung begraben, mit seinen Schuhen, mit seiner Hose, mit allem, was er anhat.“ Der verstorbene Märtyrer muss nicht gereinigt werden, weil er oder sie aufgrund der Art seines Todes bereits den Gipfel der Heiligkeit erreicht hat, erklärt Rabbi Goldwicht.
Es gibt nur wenige Menschen, die mit den Körpern so vieler Märtyrer in Kontakt gekommen sind wie Rabbi Goldwicht. Als Reservist einer Such- und Rettungseinheit der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte arbeitet er seit dem Wochenende in Zwölf-Stunden-Schichten auf dem Schura-Stützpunkt des IDF-Rabbinats in der Nähe von Ramle in Zentralisrael, um Hunderte von Leichen zu identifizieren und für die Bestattung vorzubereiten.
Auch der respektvolle Umgang mit den Leichen ist von grundlegender Bedeutung, sagt Rabbi Goldwicht. Die Leichen werden niemals geworfen oder fallen gelassen. „Wir bitten um Vergebung, wenn eine Leiche bewegt wird. Es ist auch verboten, über eine Leiche zu treten.“ Wenn ein Blutstropfen herauskommt, sammeln wir ihn auf und wischen ihn vom Boden, damit er mit dem Verstorbenen begraben werden kann“.
Israels Beitrag zum Eurovision Song Contest 2010 hört sich auf einmal an wie ein Abschied von einer oder einem, der plötzlich nicht mehr da ist. Milim, Worte, von Harel Skaat.
Ein Milim – Keine Worte
Mit deutschen Untertiteln höre dir die Worte der Rabbinerin Angela Buchdahl an, die sie am Freitag in New York in der Central Synagogue gesprochen hat. Sie geht auch auf die falschen Worte ein, die sie jetzt in ihrem Land hören muss. Was sie über diese sagt, gilt auch für Deutschland.
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