ahavta+ || gut und süß werde es
Warum steht der jüdische Kalender im christlichen Jahr 2022 bei 5782? Was also ist das Jahr 1 der Juden? Der Thüringer Landesrabbiner Alexander Nachama gibt seine Antwort im Gespräch mit mir in der Erfurter Synagoge. Dort wurde es während des Corona-Lockdowns für die Reihe „Frag den Rabbi!“ aufgezeichnet.
Die Zählung des Kalenders orientiert sich nach jüdischer Überlieferung an der Erschaffung des ersten Menschenpaares. Die Welt sei natürlich älter, aber der Mensch vermag sie erst seit seiner Erschaffung, genauer seit dem Essen vom Baum der Erkenntnis, wahrzunehmen. Darum wird auch gesagt, der jüdische Kalender zähle vom Beginn der Welt an.
Jedes neue jüdische Jahr beginnt mit dem ersten Tag des Monats Tischri. Nach der Tora ist dies allerdings der siebte Monat. Rabbiner Nachama erklärt, warum.
Anschließend erläutert er die Bedeutung von Rosch HaSchana anhand des Wunsches, es möge ein „gutes und süßes Jahr“ werden. Schließlich geht er auf die Besonderheiten bei den Bräuchen und der Liturgie des Neujahrsfestes ein.
Am Freitag sprach erstmals Kantor Amnon Seelig sein Wort zum Schabbat. Er ist Kantor der Jüdischen Gemeinde Mannheim. Vielleicht kennst du ihn auch von dem Trio „Die Drei Kantoren“, das er mitbegründet hat. Der Wochenabschnitt Ki Tawo, כי תבוא „Wenn du kommst“, der von 5.Mose 26,1 bis 29,8 reicht, führte ihn zur Grundlage jüdischen „Glaubens“: Nicht etwas zu meinen oder für wahr zu halten, sondern zu tun – nämlich die Gebote der Tora.
„Unter den Feigenbaum“ von Johannes Gerloff in Israel bist du heute Nachmittag um 17 Uhr eingeladen, wenn es zum 19. Mal heißt: „Sonntags in Jerusalem“. Hier ist die Eingangspforte:
„Judenhass ist keine freie Meinungsäusserung“, schreibt Claudia Schwartz in der NZZ in ihrer ebenso ernüchternden wie erschütternden Bilanz der Kasseler Documenta.
Der links-grüne Zeitgeist überrollt gerade das, was Angela Merkel 2008 noch vor der Knesset als «historische Verantwortung Deutschlands» und als «Teil der Staatsräson» bezeichnet hat. Die Sicherheit Israels, so Merkel, sei folglich für die Bundesrepublik «nie verhandelbar».
Gewisse Kreise sehen das nun offensichtlich anders und wollen diese historisch begründeten Grundfesten der Bundesrepublik sprengen. Nichts hätte das deutlicher machen können als diese Documenta.
Was und wo ist eigentlich die Kunst?
Das fragte Wladimir Kaminer, aus Moskau stammender russischer Jude und in Deutschland schreibender Autor. Politischer Aktivismus mit einer klaren Botschaft überall, bilanziert er in einem Beitrag für 3sat – aber Kunst sei das nicht, nachdem er sich umgesehen hat.
Er trifft etwa den Hamburger Harald Falckenstein, einen der bekanntesten Kunstsammler Deutschlands, und bittet ihn um eine Einschätzung:
Die documenta 15 zeigt keine Kunst. Sie hat sich von dem Gedanken, eine richtige Kunstausstellung zu sein, weit entfernt. … Kunst ist frei von einem Nutzungsgedanken, also das Gegenteil von der documenta 15.
42 Millionen Euro wurden für dieses letztlich politische Projekt ausgegeben. Die Summe hat Judenhass und Israelfeindschaft mitfinanziert.
Alles ein Plan des Mossad!
Julia Alfandari und Meron Mendel haben gut tausend Documenta-Besucher zur Kunst und zu den antisemitischen Bildern befragt. Die Antworten, von denen sie in der FAZ (nicht frei zugänglich) berichten, waren bestürzend – und entlarvend.
Die Gespräche haben gezeigt, wie tief der Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft verankert ist. Es war ja ein vorrangig deutsches Publikum, das zu uns an den Stand kam und im Gespräch teilweise völlig krude Vorstellungen geäußert hat. (…)
Sehr häufig kam die Anschuldigung, dass die Juden eine überaus einflussreiche Macht seien, die auch darauf abgezielt habe, die Documenta zu zerstören. Manche störten sich daran, dass sich ihrer Ansicht nach alles immer nur um die Befindlichkeiten der Juden und Jüdinnen in Deutschland drehe. Einer sagte, dass die Deutschen sich von ihnen geißeln ließen und das endlich ein Ende haben müsse. Einer weiteren Verschwörungserzählung zufolge ist der Konflikt um die antisemitisch konnotierten Bilder eine gesteuerte Aktion des Mossad gewesen, und die indonesischen Künstler sind in Wahrheit Agenten des israelischen Geheimdienstes, um dadurch vom Mord an einer palästinensischen Journalistin abzulenken.
Solche antisemitischen und antiisraelischen Stereotype stellte nun auch eine aktuelle Studie der BertelsmannStiftung fest:
Der Staatsbesuch des israelischen Staatspräsidenten Itzchak Herzog in Deutschland symbolisiert erneut die engen Beziehungen zwischen beiden Staaten. Allerdings blicken Israelis deutlich positiver auf Deutschland als umgekehrt die deutsche Bevölkerung auf Israel. Gerade bei der jüngeren Generation beider Länder gibt es Anzeichen einer möglichen Entfremdung.
So leitet die BertelsmannStiftung die Vorstellung der Ergebnisse ihrer repräsentativen Bevölkerungsbefragung in beiden Staaten ein. Du kannst sie hier einsehen und downloaden:
Das für mich erschreckendste Ergebnis: Über ein Drittel der Deutschen stimmt der Behauptung „voll und ganz oder überwiegend“ zu, dass Israel die Palästinenser heute so behandelt wie die Nazis es im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben.
In Beantwortung einer anderen Frage antworteten 24 Prozent der Deutschen, Juden übten zu viel Einfluss in der Welt aus. Andererseits fand die Umfrage mit 82 Prozent eine grosse Mehrheit, die mit der Behauptung übereinstimmte, dass „Juden natürlich nach Deutschland gehören“.
Über ihre Ansicht vom anderen Land befragt, sagten 63 Prozent der Israeli, sie hätten eine positive Meinung von den Deutschen, während nur 46 Prozent der Deutschen das Gleiche von den Israeli sagten. 34 Prozent der Deutschen hatten eine schlechte Meinung von Israel, während nur 19 Prozent der Israeli Deutschland im gleichen Licht sehen.
Was die Meinung über die Regierung Deutschlands betrifft, sagten 55 Prozent der Israeli, sie beurteilten die deutsche Regierung positiv, während nur 24 Prozent der Deutschen das Gleiche von der israelischen Regierung sagten. Unter den 18- bis 29-jährigen Antwortenden sagten nur 15 Prozent der Deutschen, sie würden die israelische Regierung in einem positiven Licht sehen.
Künftig müsse noch stärker in Bildungsarbeit und Aufklärung investiert werden, bilanzierte der Projektleiter der BertelsmannStiftung, Dr. Joachim Rother. Mir bleibt diese Forderung zu allgemein. Die Aufgabe muss konkretisiert und präzisiert werden, damit sie nicht als die eines Sisyphus erscheint.
Das palästinensische Attentat auf die israelische Mannschaft im Olympischen Dorf während der scheinbar ungestört weitergehenden „heiteren“ Olympischen Spiele von München ist auch die Geschichte eines beispiellosen Behördenversagens – vor, während und nach dem Attentat. „Unglaublich, sie machen weiter“, schrieb die Los Angeles Times damals, „es ist fast so, als würde man in Dachau tanzen“ (das nur ein paar Kilometer entfernt lag). Angehörige der Opfer mussten bis in unsere Tage um Erinnerung und Entschädigung kämpfen. Konsequenzen für Entscheidungsträger gab es nicht.
50 Jahre danach ist endlich die Zeit gekommen, für lückenlose Aufklärung zu sorgen und so ein angemessenes Gedenken zu ermöglichen. Dies versucht die Bundeszentrale für politische Bildung im jüngsten Heft 36/2022 ihrer Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte. Du kannst die Ausgabe online lesen oder auch downloaden:
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft ermöglicht es, dass morgen, am 19. September 2022, 18.30 Uhr, Shaul Ladany als Zeitzeuge über das Olympiaattentat sprechen kann. Seine sportliche Karriere in Israel führte ihn vom Marathonläufer zum Geher. Als solcher gehörte er 1972 der israelischen Mannschaft in München an. Er entging knapp der Geiselnahme durch palästinensische Terroristen, der elf israelische Olympiateilnehmer zum Opfer fielen.
Vor München hatte der israelische Geheimdienst den europäischen Regierungen wiederholt Informationen über terroristische Zellen und Anschlagspläne in ihren Ländern geliefert. „Wir informieren sie ein-, zwei-, drei- oder fünfmal, und nichts passiert“, sagte Golda Meir vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten der Knesset.
Richard Kemp, früherer Leiter des Teams für internationalen Terrorismus im britischen Kabinettsbüro, warnt:
Derzeit erleben wir ein weiteres Beispiel: die iranische nukleare Bedrohung. Die israelische Führung hat wiederholt gewarnt, dass das Atomprogramm Teherans nicht nur eine große Gefahr für ihr eigenes Land, sondern für die gesamte Region und die Welt darstellt. Wie schon in München führt Israel eine verdeckte Kampagne durch, um es zu stoppen, auch durch gezielte Tötungen. Währenddessen beschwichtigen die USA und die europäischen Länder die Mullahs in Teheran, so wie sie es in den 1970er Jahren mit den palästinensischen Terroristen getan haben, und stehen kurz davor, ein Abkommen zu schließen, das den Weg für eine iranische Atomwaffe ebnen wird. Dieses Mal wird das Ignorieren der israelischen Warnungen noch schlimmere und weitreichendere Folgen haben.
„Die Anzahl der Menschen über 80 Jahren ist von 13 auf 15 Prozent gestiegen. Die Anzahl der Geburten ist weiter zurückgegangen.“ So resümmiert Chajm Gurski seinen Blick auf die Gemeindestatistik der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.
Zur Statistik gehört auch, dass im vergangenen Jahr 43 Menschen zum Judentum übergetreten sind. Gurski weist jedoch darauf hin, dass viele „progressive Synagogen … nicht im Zentralrat der Juden in Deutschland organisiert sind und deshalb keine Zahlen liefern“ und womöglich besonders Zuwachs durch Konversionen erhalten.
Zu einer solchen Synagogengemeinde gehört auch die Berliner Kantorin Avitall Gerstetter. Sie schrieb am 9. August in der WELT diesen Beitrag:
Drei Wochen später präzisierte Rabbiner Dr. Walter Rothschild ebenfalls in der WELT die Warnungen Gerstetters:
Am Freitag nun gab das Radio-Magazin Schabat Schalom dem stellvertretenden Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Göttingen, Achim Dörfer, und Rabbiner Rothschild Gelegenheit, ihre Sicht auf Konversionen zum Judentum darzustellen. Dabei wurde deutlich, dass nicht Übertritte allgemein ein Problem darstellen, sondern wenn in bestimmten Gemeinden und besonders in jüdischen Ausbildungsstätten Neu-Juden beginnen, geborenen Juden das Judentum zu erklären. Dieses Problem potenziert sich, wenn Rabbiner, die selbst erst einen Teil ihres Lebens zum Judentum gehören, wiederum Konversionen begleiten und durchführen.
In Deutschland ist so ein Missverhältnis entstanden, das relativ und absolut im Vergleich zu den schrumpfenden Zahlen jüdischer Gemeindemitglieder immer größer geworden ist.