ahavta+ || befreit aus harter Fron
Ostern – die Feier der Auferweckung des Juden Jesus aus den Toten. Was bedeutet sie für die Völker im Blick auf sein Volk Israel, das auf den Tod des Todes in seiner Mitte hofft?
Schalom,
am Freitagabend kam ich zurück vom Seder mit den Rabbinern Andrew Steiman und Daniel Katz in der Frankfurter Budge-Stiftung – die erste von mehreren ahavta - Begegnungen in diesem Jahr. Eine Vorankündigung zur nächsten gebe ich dir unten. Abgesehen von der Teilhabe an der Haggada war es wunderbar, einige der Leserinnen und Leser von ahavta+ persönlich kennen zu lernen.
Christinnen und Christen feiern heute den Ostersonntag. Jüdinnen und Juden sind in der Mitte ihres Passafestes. Sind beide Feste, sind beide Gemeinschaften getrennt durch die Auferweckung Jesu von den Toten, von der Christen heute singen? Nein, Gott hat Christen und Juden eben darin verbunden!
Das ist mein Osterbekenntnis, von dem ich dir heute schreibe. Mit ihm wünsche ich dir
Chag Pessach Sameach sowie frohe Ostern
dein Ricklef Münnich
Der 2. Seder-Abend 5783 in der Budge-Stiftung
Nicht nur für die Kinder veranschaulicht Rabbiner Andrew Steiman die vier Fragen der Pessach-Haggada mit Fingerpuppen. Hier die zweite Frage:
Warum unterscheidet sich diese Nacht von allen anderen Nächten? In allen anderen Nächten essen wir beliebige Kräuter, in dieser Nacht Bitterkraut.
Rabbiner Andrew Steiman und Rabbiner David Katz aus Düsseldorf leiten den Seder im christlich-jüdischen Altenheim der Henry und Emma Budge-Stiftung.
Jeder hat einen kleinen Seder-Teller auf seinem Platz. Auf ihm liegen
Karpass כרפס, Radieschen
ein kleines Gefäß mit Salzwasser,
Maror מרור, Bitterkraut hier mit Meerettich und etwas bitteres חזרת wie Kopfsalat
Charosset חרוסת, eine Mischung aus Äpfeln, gestoßenen Mandeln, Zimt und etwas Wein
Seroa זרוע, hier die vegetarische Version des angebratenen Knochens mit rotem Fleisch
Beza ביצה, ein hartgekochtes Ei.
Omer-Zählen
Mit dem zweiten Seder-Abend, dem Tag nach Pessach, begann Sefirat Ha-Omer ספירת העומר, die Zählung des Omer. Daher wurde auch in der Budge-Stiftung gesagt:
Heute ist der erste Tag des Omer(-Zählens).
Die Zählung schreitet jeden Abend um eines fort bis Schawuot, also 49 Tage bis zum Vorabend des Wochenfestes. Sie folgt dem Gebot der Tora 3. Mose 23,15f.:
Ihr sollt von dem Tag an zählen, der dem Sabbat folgt, dem Tag, an dem ihr die geweihte Garbe gebracht habt. Sieben volle Wochen sollen es sein. Bis zum Tag nach dem siebten Sabbat sollt ihr zählen, fünfzig Tage. Dann sollt ihr dem HERRN ein frisches Speiseopfer darbringen.
Das Wochenfest ist also kalendarisch an Pessach gebunden – ebenso wie das christliche Pfingstfest an Ostern geknüpft ist. Dies bringt bereits der Name πεντηκοστή, pentekosté, der fünfzigste Tag (Apostelgeschichte 2,1), zum Ausdruck.
Tikkun Lel Schawuot
Die erste Nacht von Schawuot als dem Fest der Gabe der Tora wird traditionell dem gemeinsamen Lernen gewidmet. Das ist der Tikkun Lel Schawuot. Der Brauch geht vermutlich auf Rabbiner Isaak Luria (1534–1572) zurück, einen der einflussreichsten Kabbalisten aus Safed in Israel.
Zum Vormerken für dich bis du in Kürze deine Einladung erhältst: Die zweite ahavta - Begegnung vom 25.–27. Mai 2023 ermöglicht dir das Lernen von der Tora Israels am Abend und in der Nacht von Erew Schawuot am 25. Mai sowie am folgenden Tag die Teilnahme am Gottesdienst des ersten Tages des Wochenfestes. Erneut lädt uns Rabbiner Andrew Steiman in die Frankfurter Budge-Stiftung ein.
Ohne die Traditionen des Pessach versteht man nicht
Der Leiter des Berliner Instituts Kirche und Judentum, Prof. Dr. Christoph Markschies, schrieb in seinem diesjährigen Grußwort zu Pessach die schönen Sätze:
Ohne die Traditionen des Pessach versteht man nicht, was zwischen Gründonnerstag und Ostersonntag passiert ist und was das für uns bedeutet. Ohne das jüdische Jerusalem zur Zeit Jesu versteht man weder sein Leben noch sein Sterben. Und es hat theologische Bedeutung, dass all‘ das genau hier und genau in diesen Tagen geschehen ist. Die theologische Abwertung der Geschichtlichkeit des Glaubens gehört zu den besonders unglücklichen Verirrungen der christlichen Theologie. Ich variiere gern, um das zu pointieren, einen Satz des Göttinger Neutestamentlers Joachim Jeremias: Golgatha ist nicht überall, es gibt nur ein Golgatha und das lag damals vor den Toren Jerusalems und liegt heute mitten in der Stadt.
Ergänzen möchte ich sie um den Ostersonntag selbst. Ohne die jüdischen Traditionen der Pessach-Haggada versteht man nicht, was die Auferweckung des Juden Jesus für die Völker bedeutet: Das leere Grab liegt in Jerusalem, es liegt mitten in Israel, mitten im Volk Israel.
Der Todesengel – geschlachtet
Das letzte Wort der Haggada schel Pessach ist die Schlussstrophe des Liedes Ein Zicklein, ein Zicklein.
Sie lautet in der Übersetzung von David Cassel:1
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