ahavta+ || Jüdische Praxis und öffentliche Moral
Die Belege in öffentlichen Äußerungen und sogar gerichtlichen Entscheiden häufen sich: Juden und Judentum passen nicht in unsere Zeit. Vielleicht ist es jedoch unsere Zeit, die einen Defekt hat.
Im diesjährigen Neujahrskonzert des RIAS-Kammerchors Berlin sollte eigentlich das Oratorium „Israel in Ägypten“ von Georg Friedrich Händel erklingen. Es wurde, wie man heute sagt gecancelt.
In der Presseerklärung dieses renommierten Ensembles, das vom Deutschlandradio, der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Berlin und dem Rundfunk Berlin-Brandenburg getragen wird, hieß es dazu: „Im Oratorium Israel in Egypt gibt es eine einseitige und alles erobernde Macht, die vor allem durch den Chor repräsentiert wird. Diese Darstellung, auch wenn sie dem Alten Testament entstammt, halten wir angesichts der aktuellen Situation nicht für angemessen“. Danach werden pflichtgemäß „Fanatismus, Antisemitismus und Hass“ verurteilt und die üblichen abgenutzten Floskeln von „Respekt, Toleranz und gegenseitiger Achtung“ beschworen. Wer wird aber hier als „einseitige und alles erobernde Macht“ vorgeführt? Es ist niemand anderer als Gott. Es ist wohl zum ersten Mal, dass Gott persönlich gecancelt wurde.
Der Professor für Musikwissenschaft mit einem Lehrstuhl für die Geschichte der jüdischen Musik an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar Dr. Jascha Nemtsov erwähnte dieses Ereignis in seinem Festvortrag Be-itotejnu – in unserer Zeit. Er hielt die Rede am 3. März 2024 bei der Festlichen Eröffnungsveranstaltung zur Woche der Brüderlichkeit im Saal des Alten Rathauses München. Er nimmt dort etliche gravierende Fehlentwicklungen unserer Zeit in den Blick. Ich gebe dir Jascha Nemtsovs wichtigen Redebeitrag zur Lektüre.
Unsere Zeit hat, weil sie Probleme mit Gott hat, natürlich auch Probleme mit dem jüdischen Volk, in dessen Mitte zahlreiche Vertreter hartnäckig am Wortlaut der Tora vom Sinai festhalten (dazu gehört Jascha Nemtsov, wie er in seinem Vortrag erkennen lässt, nicht). Unter die Gebote der Tora zählt auch das Schächten, die Schechita, die Schlachtung von koscheren Tieren zum Genuss in der jüdischen Praxis.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat nun das Verbot dieser Schlachtung frei gestellt. Und damit das Verbot der Ausübung des Judentums ausdrücklich zugelassen. Zur Begründung des Gerichts gleich mehr. Einen ausführlichen Beitrag dazu finden Mitglieder von ahavta+ bei Deep Dive:
In dieser Woche findest du dort einen weiteren Beitrag über die Duldung von palästinensischen Christen als Dhimmi, als abhängige, zweitklassige, „geschützte“ Minderheit in der islamischen Mehrheitsgesellschaft:
Ich wünsche dir einen friedlichen Sonntag und eine gute Woche
dein Ricklef Münnich
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