Oppenheimers Überblick || Von Rothschild bis zur Weinrevolution – Israels Weg zur Qualität
Reise durch die israelische Weingeschichte, Teil 2: Vom religiösen Süßwein zur weltweiten Anerkennung – eine Geschichte von Vision, Rückschlägen und dem Golan-Wendepunkt
Schalom allerseits!
Um nun die weitere Entwicklung der israelischen Weinindustrie zu beschreiben, führt der Weg zurück in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Es ist eine Geschichte von Vision und Beharrlichkeit, von Rückschlägen und Neuanfängen – und letztlich von einem bemerkenswerten Wandel.
Die Rothschild-Ära und der Anfang
Mit der Finanzierung durch Baron Edmond de Rothschild, der glaubte, dass die Herstellung von koscheren Weinen eine solide wirtschaftliche Grundlage für die sich erneuernde jüdische Gemeinschaft im Land Israel schaffen würde, wurden zwischen 1883 und 1902 Weinberge gepflanzt.
Was macht eigentlich Wein koscher?
Jetzt mal zur Frage – was sind koschere Weine? Damit ein Wein als koscher gilt, muss er mehreren halachischen (religiösen) Kriterien entsprechen. Erstens müssen alle Produktionsschritte – vom Traubenlesen bis zur Abfüllung – unter der Aufsicht eines zertifizierten Kaschrut-Inspektors erfolgen. Zweitens dürfen während des gesamten Herstellungsprozesses nur religiös praktizierende Juden mit dem Wein in Berührung kommen.
Darüber hinaus müssen alle bei der Weinherstellung verwendeten Zutaten, wie etwa Hefen und Reinigungsmittel, koscher sein. Bestimmte Weine durchlaufen zusätzlich einen Prozess des „Abkochens” (Mevuschal), um ihre Kaschrut auch dann zu gewährleisten, wenn sie von nicht religiös praktizierenden Personen berührt werden. Der Grund für diese strenge Einhaltung liegt darin, dass Wein im Laufe der Zeit hauptsächlich für religiöse Rituale verwendet wurde, wie zum Beispiel für die Kiddusch-Zeremonie am Sabbat. Um jeglichen unreinen Kontakt zu vermeiden, wurde beschlossen, den Herstellungsprozess streng zu überwachen. So kann der Wein auch zukünftig im Tempel verwendet werden – falls und wenn dieser wieder errichtet wird.
Rückschläge und Neuanfänge
Zurück zur unserer Geschichte: 1882 wurden Weinkellereien in Rischon LeZion und 1890 in Sichron Jaakow gegründet. Baron Rothschild importierte Rebsorten aus Südfrankreich wie Cabernet Sauvignon, Petit Verdot, Malbec, Carignan, Mourvèdre und andere. Die Weinberge dafür wurden in den Kolonien Rischon LeZion, Sichron Jaakow, Petach Tikwa und weiteren Orten angelegt.
Leider traf die Phylloxera-(Reblaus-)Plage das Land Israel in den Jahren 1890–1891. Danach wurden die Weinberge mit resistenten Unterlagen wiederhergestellt. Im Jahr 1906 wurde eine Genossenschaft gegründet, die Weinkellereien und Weinberge verwaltet. Diese Genossenschaft, Carmel Mizrahi, blieb bis in die 1980er Jahre die dominierende Kraft in der israelischen Weinwelt.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass es in meiner Kindheit, in den 60er- beziehungsweise 70er-Jahren, in Israel fast ausschließlich die Weine von Carmel Mizrahi gab. Es gab damals weder importierte Weine noch andere israelische Weingüter. Es gab einige Sorten Rotwein, hauptsächlich süße Rotweine, die zum Kiddusch am Schabbat dienten, einen angenehmen Rosé (Grenache) und einen Weißwein mit dem Namen Carmel Hock. Natürlich wurden all diese Weine von Carmel Mizrahi produziert. Das war damals die ganze Auswahl.
Weltweite Ereignisse wie der Erste Weltkrieg, die kommunistische Revolution in Russland sowie das Exportverbot von Wein nach Ägypten beeinträchtigten den Weinexport aus dem Land Israel erheblich, und viele Weinberge wurden aufgegeben. Dennoch wurden weitere Weinkellereien gegründet, darunter Segal, Tnuva, Rubin und Stock, und das Israelische Weininstitut wurde ins Leben gerufen. Neue Rebsorten wurden mit der Einwanderung aus Deutschland in den 1930er Jahren eingeführt, darunter Gamay, Pinot Noir, Viognier, Silvaner sowie Chenin Blanc. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die überwiegende Mehrheit der damals produzierten Weine für religiöse Zwecke bestimmt war.
Der Wendepunkt auf den Golanhöhen
Im Jahr 1973 wurde ein Bericht von Professor Cornelius Ough vom Department für Weinbau und Önologie an der University of California, Davis, veröffentlicht. Er hatte im Vorjahr Israel besucht und festgestellt, dass die Böden und das Klima auf den Golanhöhen ideal für den Weinbau seien. So wurden 1976 die ersten Weinberge in der Region gepflanzt, und 1983 kamen die ersten Weine der Golan Heights Winery unter dem Motto „Qualität über alles” auf den Markt.
Die Kellerei befindet sich im Besitz von vier Kibbuzim und vier Moschawim auf den Golanhöhen. Sie investierte stark in die Entwicklung hochwertiger Weinberge und moderner Ausrüstung. Die Winzer wurden in Kalifornien ausgebildet, und renommierte Experten berieten das junge Weingut. In der Zusammenarbeit mit den Weinbauern bestand die Kellerei auf niedrigen Erträgen und hochwertigen Trauben für die Weinherstellung – im Gegensatz zur früheren Auffassung, dass die Menge wichtiger sei als die Qualität der Trauben. Der Erfolg der Golan Heights Winery im In- und Ausland hatte großen Einfluss auf die israelische Weinindustrie.
Die neue Vielfalt israelischer Weine
Seit Beginn dieser Entwicklung lassen sich bedeutende Veränderungen in der israelischen Weinproduktion feststellen. Der Fokus verlagerte sich von religiösen Weinen und Weißweinen hin zu trockenen Rotweinen. Zudem werden in großem Umfang neue Weinberge angelegt. In Israel gibt es heute über 200 Weingüter, die Weine aus zahlreichen und vielfältigen Rebsorten herstellen, darunter Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Syrah, Grenache, Malbec, Tempranillo, Carignan, Zinfandel, Chardonnay, Sauvignon Blanc, Chenin Blanc, Viognier, Riesling, Gewürztraminer sowie Muskat und Argaman. Argaman ist die einzige originelle israelische Rebsorte, leider nicht sehr bekannt.
Die Entscheidung, in Weine auf den Golanhöhen zu investieren, stellte einen bedeutenden Wendepunkt in der israelischen Weinindustrie dar. Aus einer Branche, die sich auf die Lieferung günstiger Weine für wenige Verbraucher konzentrierte, entwickelte sich ein Wandel, und der israelische Markt begann, Qualitätsweine für unterschiedliche Zielgruppen zu produzieren. Heute gibt es eine breite Vielfalt israelischer Weine, sodass jeder das Produkt finden kann, das ihm am besten gefällt.
Die Weinbaugebiete Israels heute
In den letzten Jahrzehnten sind viele Wasser den Jordan hinabgeflossen und Israel hat sich zu einem Land entwickelt, das in verschiedenen Regionen Wein anbaut. Hier ist eine Liste der Weinbaugebiete in Israel:
Golanhöhen: Ein hoch gelegenes, relativ kühles Gebiet mit fruchtbaren Basaltböden. Besonders geeignet für Sorten wie Cabernet Sauvignon, Syrah und Chardonnay. Die Golan Heights Winery ist hier führend.
Galiläa (Ober- und Untergaliläa): Das Obergaliläa zeichnet sich durch ein kühleres Klima und regenreiche Winter aus und produziert elegante Weine aus Sorten wie Sauvignon Blanc, Merlot und Cabernet Sauvignon. Untergaliläa ist wärmer und eignet sich für hitzeresistente Rebsorten.
Judäische Berge und Mateh Yehuda: Ein bergiges Gebiet mit vielfältigen Bedingungen. Es gilt als „Toskana Israels” dank der hohen Dichte an Weingütern – etwa 15 Prozent der israelischen Weingüter befinden sich hier. Produziert komplexe Weine mit Fokus auf Terroir, insbesondere in Weingütern wie Castel, Flam und Suson Yam.
Küstenebene und Carmel-Gebirge: Ein heißes und feuchtes Gebiet, besonders geeignet für weiße Sorten wie Muskat und Chardonnay. Weniger bekannt für komplexe Rotweine, aber mit traditionsreichen Weingütern wie Carmel Mizrahi und Amphora oder Benjamina.
Zentralgebirge (Jerusalemer Berge und Umgebung): Ein bergiges Gebiet mit idealen Bedingungen für hochwertigen Weinbau. Weingüter wie Castel, Margalit und Zora sind hier aktiv und führend in der Terroir-Philosophie Israels.
Negev: Eine Wüstenregion mit extremen Bedingungen, in der dank moderner Bewässerungstechnologien hochwertige Trauben angebaut werden können. Produziert einzigartige Weine mit anderem Charakter als die nördlichen Regionen.
Joram


