ahavta - Begegnungen

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Walter Rothschild || Unetaneh Tokef

Vor Gottes Gericht: Zwischen Gerechtigkeit für die Welt und Gnade für uns selbst – Unetaneh Tokef als Ruf zu Reue, Gebet und Zedaka in den Tagen der Ehrfurcht.

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Dr Walter Rothschild
und
Ricklef Münnich
Sept. 23, 2025
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Einführung

Unetaneh Tokef ist ein zentrales poetisches Gebet der Hohen Feiertage im aschkenasischen Judentum, das an Rosch Haschana und Jom Kippur rezitiert wird und die Ehrfurcht des Gerichts‑Tages, die Vergänglichkeit des Menschen und die Möglichkeit der Umkehr betont. Es ist vor allem durch die Zeilen bekannt, dass am Neujahrstag eingeschrieben und am Versöhnungstag besiegelt wird, „wer leben wird und wer sterben“, wobei Reue, Gebet und Wohltätigkeit ungünstige Dekrete mildern können.

Das Gebet stammt aus dem mittelalterlichen aschkenasischen Raum und wird traditionsgemäß dem Rabbi Amnon von Mainz zugeschrieben. Es beschreibt Gott als Richter, Zeugen, Ankläger und Schreiber, vor dessen Gericht selbst die Engel erbeben, während das „Buch des Gedächtnisses“ geöffnet wird. Die Botschaft von Unetaneh Tokef: Der Mensch ist vergänglich und schwach, doch Aufrichtigkeit in Teschuwa (Umkehr), Tefilla (Gebet) und Zedaka (Wohltätigkeit) kann das Urteil zum Guten wenden.

Der Pijut, die religiöse Dichtung U-netane Tokef wird an Rosch HaSchana und Jom Kippur im Mussaf-, dem Zusatzgottesdienst als Erweiterung des dritten Lobspruchs des Achtzehngebetes gesprochen.

Ich habe vor zwei Jahren bei ahavta+ über das Gebet und seine Kontexte von der neutestamentlichen Offenbarung des Johannes über das ebenfalls mittelalterliche Dies irae, dies illa bis hin zu dem Lied Who By Fire von Leonard Cohen geschrieben.

ahavta+

ahavta+ || Der Tag des Gerichts

Ricklef Münnich
·
September 17, 2023
ahavta+ || Der Tag des Gerichts

Am vergangenen Sonntag schrieb ich, dass Christen im Blick auf Umkehr und Neuanfang, zu denen Jesus im Neuen Testament einlädt, viel lernen können, wenn sie sich auf Rosch HaSchana einlassen. Während der Jamim Nora’im, der zehn ehrfurchtgebietenden Tage von Neujahr bis zum Versöhnungstag sind sie sehr nah beim jüdischen Volk.

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Ricklef Münnich


Unetaneh Tokef

Mein Vater pflegte zu sagen: „Wenn ein Mann vor dir steht, dich mit einem Stock bedroht und deine Brieftasche will, dann solltest du ihn mit aller Kraft bekämpfen. Steht er mit einer Waffe in der Hand vor dir und verlangt deine Brieftasche, dann verteidige dich oder laufe so schnell wie möglich weg. Aber wenn er vor dir steht, dich bedroht und sagt, er wolle deine Brieftasche und sei bereit, einen Anwalt zu beauftragen und dich vor Gericht zu bringen, wenn du sie ihm nicht gibst, dann solltest du ihm deine Brieftasche geben, auch noch deine Uhr dazu, und dankbar sein, dass du noch deine Hose und dein Leben hast.“

Was bedeutet es, vor Gericht zu stehen? Wie stehen wir vor Gericht? Was erwarten wir von einem Gericht? Gerechtigkeit? Fairness? Für uns selbst? Oder für andere? Ich weiß nicht, wie viele von uns im letzten Jahr vor einem weltlichen Gericht gestanden haben und wenn ja, in welcher Rolle und warum.

Ich kann mich daran erinnern, dass ich vor etwa 20 Jahren als Kläger vor einem Arbeitsgericht stand und Gerechtigkeit suchte. Ich wollte gehört werden. Ich hatte mich mit teurer professioneller anwaltlicher Hilfe darauf vorbereitet. Ich wollte alle Beweise vorlegen: alle E-Mails, alle Protokolle und mehr, die ich gesammelt hatte, um zu beweisen, welche Ungerechtigkeit mir widerfahren war. Doch der Richter sagte: „Das ist eine interne jüdische Angelegenheit. Wir wollen uns damit nicht befassen.“

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