ahavta+ || Feuer und Flamme
Pfingsten ist eine feurige Angelegenheit. Nachzulesen in Apostelgeschichte, Kapitel 2. Wer oder was brennt da eigentlich?
Gestern wurde ich gefragt, wieso Schawuot die Offenbarung der Tora an Mose vom Sinai feiert – davon stünde doch nichts in der Bibel! Dort sei das Wochenfest ein landwirtschaftliches Fest der Einbringung der ersten Weizenernte. (Freilich hatte der Zuschauer bei YouTube meinen Beitrag zu Schawuot in der vergangenen Woche noch nicht gelesen…)
Eine gute Frage!, antwortete ich. Denn sie führt zu der bedeutsamen Tatsache, dass die Heilige Schrift nur der eine Teil der Tora Israels ist. Die Pharisäer in der Zeit des Zweiten Tempels waren es, die die mündliche Tora zum anderen Teil der einen Tora machten. In der rabbinischen Überlieferung ist das Wochenfest eng mit dem Gedenken der Übergabe der Tora (und der Zehn Worte bzw. Zehn Gebote als deren Anfang) verbunden.
Freilich: Diese Verbindung von Schawuot mit der Gabe der Tora ist auffallend spät bezeugt. Es ist schon etwas überraschend, dass die Mischna (abgeschlossen 219 nach Christus) an keiner Stelle den Feiertag Schawuot als Feier des Sinai-Ereignisses erwähnt. Und die Tosefta als ergänzende Überlieferung zur Mischna enthält nur einen einzigen Hinweis darauf, dass sich die Rabbinen einer solchen Tradition überhaupt bewusst waren.1
Heute will ich den möglichen Gründen dafür nicht nachgehen, sondern zeigen, dass das Neue Testament mit dem 2. Kapitel der Apostelgeschichte einer der frühesten Belege für diesen Inhalt des Wochenfestes ist. Dieses Kapitel wird heute an Pfingsten, pentekostē, dem christlichen Fest des 50. Tages nach Ostern, in den Gottesdiensten der Kirchen gelesen. Das jüdische Schawuot und das christliche Pfingsten sind also eng verbunden – und das nicht allein wegen des gemeinsamen zeitlichen Abstandes zum vorangegangenen Pessach bzw. Ostern. Irgendwie auch ein Pfingstwunder, oder?
Steigen wir also tiefer ein!
Ich wünsche dir ein frohes Pfingstfest,
dein Ricklef Münnich
Jüdisches Wochenfest und christliches Pfingsten
Vor drei Jahren konnte ich mit dem israelischen Schriftsteller Chaim Noll über Schawuot sprechen. Hier die Aufzeichnung aus meinem YouTube-Kanal:
In der Pontificia Università Lateranense in Rom, der päpstlichen Lateranuniversität sprach Chaim Noll bereits sieben Jahre zuvor, im Mai 2013, über Jüdische und christliche Aspekte des Pfingstfestes. Seinen damaligen Vortrag unter dem Titel Der Fünfzigste Tag kannst du unter dem Link nachlesen.
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