Aus Berlin spricht Rabbiner Dr. Walter Rothschild spricht über den Wochenabschnitt Nasso im 4. Buch Mose 4,21–7,89. Er erklärt ihn als einen technischen Abschnitt ohne große Dramatik, der sich mit Gottes "Mikro-Management-Befehlen" befasst.
Bei ahavta - Begegnungen kannst du den Tora-Abschnitt der Woche in der Übersetzung durch Rabbiner Simon Bernfeld lesen oder sogar als Podcast anhören:
Die Leviten und ihre Aufgaben
Der Stamm Levi erhält eine besondere Stellung unter den zwölf Stämmen Israels. Die Leviten werden in drei Gruppen unterteilt: Kehatiten, Gerschoniten und Merariten, die jeweils spezifische Aufgaben beim Transport des Heiligtums haben. Die Kehatiten tragen die heiligen Geräte wie Schüsseln, Teller und Kannen für die Ritus. Die Gerschoniten sind für die Textilien, Vorhänge und Teppiche zuständig, während die Merariten das Holzwerk, die Stöcke und Balken transportieren.
Rothschild betont, dass jeder seine eigene Aufgabe hat und niemand die Arbeit eines anderen übernehmen darf - bei Fehlverhalten droht der Tod, wie bei Nadaw und Awihu. Diese Spezialisierung vergleicht er mit modernen Gemeinden, wo auch verschiedene Menschen unterschiedliche Aufgaben übernehmen müssen.
Das mobile Heiligtum
Das Stiftszelt (Mischkan) steht im Zentrum der Ausführungen. Rothschild erklärt, dass Gott bewusst in einem Zelt wohnt, nicht in einem prächtigen Tempel wie andere Religionen. Diese Mobilität hat Vorteile: Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Wenn das Zelt zerstört wird, kann man weitermachen – im Gegensatz zu einem festen Tempel, wo bei Zerstörung alles verloren ist.
Er zieht Parallelen zu modernen jüdischen Gemeinden, die oft in gemieteten Räumen Gottesdienste abhalten. „Eine jüdische Gemeinde besteht dort, wo sich Juden treffen“. Eine Synagoge ist kein „Gotteshaus“, sondern ein Gemeindehaus – Gott braucht kein Haus.
Das Ritual für eifersüchtige Ehemänner
Kapitel 5 behandelt das Ritual bei Verdacht auf Ehebruch. Rothschild interpretiert dies als eine Art „Ehe-Therapie“. Wenn ein Mann seine Frau des Ehebruchs verdächtigt, ohne Beweise zu haben, wird ein Ritual durchgeführt, bei dem die Frau ein bitteres Getränk aus heiligem Wasser und Staub trinken muss.
Das Hauptziel ist nicht Bestrafung, sondern Rettung der Familie. „Das Hauptziel in diesem Text ist, sie irgendwie zu retten“. Beide bleiben am Leben, die Familie bleibt intakt, auch wenn die Beziehung beschädigt ist.
Aktuelle Bezüge
Rothschild zieht Verbindungen zur heutigen Zeit und beklagt, dass das Vertrauen zwischen Juden und der restlichen Gesellschaft in den letzten 1,5 Jahren beschädigt wurde. Er hofft auf Heilung dieser Beziehungen, betont aber, dass dies nicht einfach oder schnell geschehen wird.
Die Tora-Auslegung des Rabbiners kannst du auch als Podcast hören – in der „Substack“-App oder überall, wo es Podcasts gibt – unter dem Titel „Wort zum Schabbat“.
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