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Schabbat Haasinu || Zwischen Tod und ewigem Leben

Im Wochenabschnitt Haasinu erhält Mose den Befehl zu sterben. Rabbiner Daniel Katz erklärt dieses letzte, schwierige Lied und seine Botschaft der ewigen Kontinuität für das Volk Israel.

In seinem Wort zum Schabbat für ahavta – Begegnungen am 3. Oktober 2025 legt Rabbiner Dr. Daniel Katz den Wochenabschnitt Haasinu (5. Buch Mose 32) aus. Seine Erläuterungen fassen die Bedeutung und den Kontext dieses besonderen Tora-Abschnitts zusammen.


Bei ahavta - Begegnungen kannst du den Tora-Abschnitt der Woche in der Übersetzung durch Rabbiner Simon Bernfeld lesen oder sogar als Podcast anhören:


Kontext und Schwierigkeit

Rabbiner Katz stellt zunächst klar, dass der Wochenabschnitt Haasinu weniger im Kontext des gerade vergangenen Jom Kippur steht, sondern vielmehr auf das bevorstehende Fest Simchat Tora verweist. Er wird als letzte reguläre Parascha vor dem Abschluss des jährlichen Tora-Lesezyklus gelesen.

Haasinu gilt als einer der schwierigsten Abschnitte der gesamten Tora. Dies liegt weniger am Inhalt als an der Sprache: Das Hebräisch ist äußerst poetisch und komplex, was das Verständnis erschwert. Obwohl die Parascha mit 52 Versen zu den kürzesten zählt, stellt sie eine große Herausforderung dar.

Form und Inhalt des Liedes

Der Abschnitt besteht aus einem Lied, das Mose dem Volk Israel vor seinem Tod vorträgt. In der Tora-Rolle hat dieses Lied ein einzigartiges Layout: Der Text ist in zwei schmalen Spalten angeordnet, was seine poetische Form visuell unterstreicht. Dies unterscheidet es von der normalen Textanordnung und auch von der ebenfalls poetischen Darstellung des „Liedes am Meer“, das wie Ziegelsteine gesetzt ist.

Inhaltlich ist das Lied eine Zurechtweisung. Mose ruft Himmel und Erde als Zeugen an und ermahnt das Volk, weil es sich von Gott abgewandt hat. Er prophezeit Gottes Zorn, aber auch die spätere Rückkehr des Volkes zu Gott und die endgültige Versöhnung. Damit ähnelt das Lied den Abschiedsworten Jakobs im 1. Buch Mose, der seine Söhne vor seinem Tod segnet und ihre Zukunft voraussagt.

Verbindungen zu anderen zentralen Texten

Katz hebt zwei wichtige Verbindungen hervor:

  • Das Schma Jisrael: Nach dem Lied befiehlt Mose dem Volk, sich seine Worte zu Herzen zu nehmen und sie den Kindern weiterzugeben. Die Formulierung „die Worte, die ich heute gegen euch bezeuge“ erinnert stark an die Sprache des Schma Jisrael. Sie kann als juristische Warnung verstanden werden, die auch im zweiten Absatz des Schma zu finden ist.

  • Der Tod Moses: Unmittelbar nach dem Lied erhält Mose von Gott den Befehl: „Steig auf den Berg [...] und stirb“. Dieser Imperativ ist bemerkenswert. In der folgenden Parascha heißt es, Mose sei „auf den Mund Gottes“ (al pi Adonai) gestorben.

Daniel Katz erläutert zwei Deutungen: Entweder stirbt Mose aufgrund dieses direkten Befehls, oder – in einer poetischen Auslegung – Gott nimmt sein Leben durch einen Kuss.

Die Kontinuität des Lebens

Obwohl Mose den Befehl zum Sterben erhält, endet die Geschichte nicht. An Simchat Tora wird unmittelbar nach dem Ende der Tora wieder mit dem Anfang begonnen und zudem das Buch Josua aufgeschlagen. Dies symbolisiert, dass das Tora-Studium und das jüdische Leben niemals enden. Während das Leben des Einzelnen (Mose) endet, lebt das Volk Israel weiter.

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