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Noach || Zwischen Sintflut und Babel: Die Sünde der Harmonie

Kantor Amnon Seelig beleuchtet die Lehren aus dem Wochenabschnitt Noach: Warum die Generation des Turmbaus nicht sterben musste und was uns ihre Einigkeit über heutige Echokammern verrät.

Im „Wort zum Schabbat“ vom 24. Oktober 2025 analysiert Kantor Amnon Seelig den Tora-Wochenabschnitt Noach in 1. Mose 6,9–11,32. Im Zentrum seiner Ausführungen steht der Vergleich zwischen der Generation der Sintflut und der Generation des Turmbaus zu Babel, die beide im Abschnitt behandelt werden.​


Bei ahavta - Begegnungen kannst du den Tora-Abschnitt der Woche in der Übersetzung durch Samson Raphael Hirsch lesen oder sogar als Podcast anhören:


Die zwei Generationen: Sintflut und Turmbau

Seelig stellt heraus, dass die beiden Generationen sich fundamental in der Art ihrer Verfehlungen unterscheiden, was auch die unterschiedliche Reaktion Gottes erklärt.

  • Die Generation der Sintflut: Zur Zeit Noachs ist die Menschheit von innerer Bosheit und moralischer Verdorbenheit geprägt. Die Menschen nutzen einander aus, missbrauchen sich und sind gewalttätig. Gott sieht dieses zwischenmenschliche Fehlverhalten als irreparabel an und beschließt, die Menschheit durch die Flut zu vernichten. Nur Noach und seine Familie überleben, da sie als gerecht gelten.​

  • Die Generation des Turmbaus: Einige Generationen nach der Flut lebt die Menschheit in Einheit. Alle sprechen dieselbe Sprache, teilen dieselben Ideen und leben friedlich zusammen. Ihre Sünde, so Seelig, richtet sich nicht gegen die Mitmenschen, sondern direkt gegen Gott. Angetrieben von technologischem Hochmut und dem Glauben an die eigene Intelligenz, versuchen sie, mit dem Turmbau den Himmel zu erreichen. Sie wollen beweisen, dass sie ohne Gott auskommen und ihn sogar bekämpfen können. Seelig betont, dass die Tora diese erzwungene Harmonie und das Fehlen von Meinungsvielfalt kritisiert. Gott bestraft diese Generation daher nicht mit dem Tod, sondern mit der Verwirrung der Sprachen und der Zerstreuung über die ganze Erde. Diese Strafe ist eine Lektion, die zur Vielfalt der Perspektiven und Ideen zwingt.​

Lehren und Gegenwartsbezüge

Aus diesem Vergleich leitet Seelig Lehren für die Gegenwart ab. Die Geschichte des Turmbaus dient als Analogie für die heutige Zeit, in der sich Menschen oft in “Bubbles” und Echokammern der sozialen Medien bewegen, wo nur bestätigende Meinungen zugelassen werden. Das Streben nach einer homogenen Gesellschaft ohne Auseinandersetzung wird als problematisch dargestellt.​

Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird diese Idee auf die globale politische Lage übertragen. Israel wird dabei als moderner „Störfaktor“ identifiziert, der die Illusion eines einfachen Weltfriedens stört. Die Vorstellung, dass ohne Israel Harmonie herrschen würde, wird als eine Form der Sündenbocksuche aufgedeckt. Seelig kritisiert, wie globale Probleme wie der Klimawandel instrumentalisiert und fälschlicherweise mit dem Nahostkonflikt verknüpft werden, um einen Schuldigen zu benennen.​

Diese Dynamik hat laut Seelig tiefe historische Wurzeln, die bis in die christliche Theologie zurückreichen, wo die Juden durch ihre Weigerung, Jesus anzuerkennen, als „Störer“ der Welterlösung angesehen werden. Menschen neigen dazu, andere bzw. einen externen Faktor für Probleme verantwortlich zu machen, anstatt nach innen zu blicken und Verantwortung zu übernehmen.​

Die abschließende Botschaft des Wochenabschnitts ist demnach, dass ein erfülltes menschliches Leben sowohl ein respektvolles Miteinander als auch eine spirituelle Dimension und den Glauben an Gott erfordert. Technologie und menschliche Intelligenz allein sind nicht ausreichend.

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