Kantor Amnon Seelig sprach zum Wochenabschnitt Ki Tissa (2. Buch Mose 30,11–34,35), in dessen Zentrum die Geschichte von der Sünde des Goldenen Kalbes steht.
Bei ahavta - Begegnungen kannst du den Tora-Abschnitt in der Übersetzung durch Rabbiner Simon Bernfeld lesen oder sogar als Podcast anhören:
Das Gespräch mit Amnon wurde am Feiertag geführt, an dem Purim in der Synagoge in Mannheim gefeiert wurde. Eingangs erinnerte ich an die rabbinische Tradition, eine Predigt mit einem Psalmvers zu beginnen und sie mit einem Vers des Wochenabschnitts zu verbinden – eine Methode, die er mit der jüdischen Existenz vergleicht: irgendwo anzufangen und disparate Elemente zu verknüpfen – um zu fragen, wie Amnon das heutige Purimfest und die Parascha des am Abend beginnenden Schabbat verbindet.
Amnon erklärte, dass er Feiertage wie Purim und den Wochenabschnitt Ki Tissa nicht zwangsläufig miteinander verknüpfe, sondern sie separat betrachte. Emotional empfinde er keinen abrupten Übergang zwischen der Purim-Geschichte (Haman und Esther) und dem goldenen Kalb aus Ki Tissa.
Die Erzählung des goldenen Kalbs (Exodus 32) beschreibt, wie das Volk Israel, kurz nach dem Auszug aus Ägypten und den Wundern Gottes, Moses’ Verzögerung auf dem Berg Sinai zum Anlass nahm, einen Götzen zu fordern. Sie versammelten sich bei Aaron und baten um „Götter, die vor uns herziehen“, da sie Moses für tot hielten. Der Midrasch ergänzt, dass Satan sie verwirrte, indem er Zweifel säte. Amnon betonte, dass diese Auslegungen dem Volk mildernde Umstände zuschreiben: Sie waren verunsichert und suchten einen Führer, nicht unbedingt einen Ersatz für Gott. Der Kommentator Ramban (Nachmanides) unterstützt dies, indem er sagt, das goldene Kalb sollte Moses ersetzen, nicht Gott – ein Einfluss ägyptischer Kultur, aber kein völliger Abfall vom Glauben.
Dennoch scheint der Text dem zu widersprechen, da das Volk das Kalb als „deine Götter, Israel, die dich aus Ägypten geführt haben“ bezeichnete. Hier greifen rabbinische Auslegungen ein: Einige sagen, es war das „Erev Rav“ (gemischtes Volk), das mit Israel auszog, aber nicht wirklich dazugehörte, das die Sünde beging. Dies entlastet die treuen Israeliten teilweise. Trotz solcher Erklärungen bleibt das goldene Kalb eine schwere Sünde: Gott drohte, das Volk zu vernichten, doch Moses überzeugte ihn mit einem Argument der Reputation – Ägypten und die Welt sollten nicht spotten, dass Gott sein Volk nur herausführte, um es zu töten.
Amnon hob hervor, dass diese Geschichte neben anderen großen Verfehlungen (Verkauf Josefs, Sünde der Kundschafter) bis heute nachwirkt. Die zentrale Lehre sei jedoch positiv: Obwohl keine Generation seitdem Wunder wie den Auszug erlebte, blieben Juden über 3000 Jahre der Tora und Gott treu – eine Entscheidung, die nicht auf Wundern, sondern auf Identität und Willen basiert.
Abschließend verband ich dies mit der Gegenwart, etwa mit Israels Kampf seit Oktober 2023 gegen Feinde, und sah Parallelen zu Purim: Überleben trotz Vernichtungsabsichten. Amnon stimmte zu, dass Tora-Lernen hilft, solche Zeiten zu verstehen.
Die Tora-Auslegung des Rabbiners kannst du auch als Podcast hören – in der „Substack“-App oder überall, wo es Podcasts gibt – unter dem Titel „Wort zum Schabbat“.
Freitags um 14 Uhr kannst du live dabei sein, wenn ein Rabbiner oder Lehrer seine Beobachtungen zum Wochenabschnitt der Tora weitergibt. So nimmst du teil:
Über die Website ahavta.clickmeeting.com.
Nur bei einer mobile Anwendung brauchst du die Event-ID: 922-427-295
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