Im „Wort zum Schabbat“ von ahavta – Begegnungen erläutert Rabbiner Dr. Daniel Katz den Tora-Wochenabschnitt Mikez („Nach dem Ende“, 1. Mose 41,1–44,17). Dieser Abschnitt bildet den Mittelteil der Josefsgeschichte und fällt thematisch oft mit dem Chanukka-Fest zusammen. Daniel führt durch die dramatischen Ereignisse, die Josefs Aufstieg zum Herrscher Ägyptens und die erneute Begegnung mit seinen Brüdern schildern, und legt dabei einen besonderen Fokus auf die innerfamiliäre Dynamik sowie das Konzept der Umkehr (Teschuwa).
Bei ahavta - Begegnungen kannst du den Tora-Abschnitt der Woche in der Übersetzung durch Samson Raphael Hirsch lesen und sogar als Podcast anhören:
Die Erzählung beginnt mit den Träumen des Pharao von sieben fetten und sieben mageren Kühen sowie von vollen und verkümmerten Ähren. Josef, der zuvor zwei Jahre unschuldig im Gefängnis saß, wird gerufen, um diese Träume zu deuten. Er sagt sieben Jahre des Überflusses voraus, gefolgt von sieben Jahren der Hungersnot, und rät dem Pharao, Vorräte anzulegen. Beeindruckt von dieser Weisheit ernennt der Pharao Josef zum Vizekönig über Ägypten. Katz betont hierbei, dass Josef seine Position als Teil eines göttlichen Plans versteht, um später seine Familie retten zu können.
Als die Hungersnot auch Kanaan erreicht, schickt Jakob seine Söhne nach Ägypten, um Getreide zu kaufen. Dabei kommt es zur entscheidenden Begegnung: Josef erkennt seine Brüder, doch sie erkennen ihn nicht. Anstatt sich sofort zu offenbaren, unterzieht Josef sie einer harten Prüfung. Er verlangt, dass sie ihren jüngsten Bruder Benjamin nach Ägypten bringen. Rabbiner Katz analysiert dies nicht als Rache, sondern als notwendigen Test. Josef will herausfinden, ob die Brüder eine echte innere Wandlung vollzogen haben. Er inszeniert eine Situation, die der damaligen gleicht: Wieder droht einem Sohn Rahels – diesmal Benjamin – Gefahr. Josef lässt seinen silbernen Becher in Benjamins Sack verstecken, um ihn als Dieb zu beschuldigen und als Sklaven zu behalten.
Hier bringt Rabbiner Katz den religiösen Begriff der Teschuwa (Rückkehr/Buße) ein. Wahre Buße zeige sich nicht nur in Worten, sondern darin, wie man handelt, wenn man erneut in dieselbe Situation gerät. Werden die Brüder Benjamin im Stich lassen, um sich selbst zu retten, so wie sie es einst mit Josef taten? Oder werden sie für ihn einstehen?
Parallel dazu beleuchtet Katz den Aufstieg Jehudas (Juda) zum faktischen Anführer der Brüder. Er erklärt, warum die älteren Brüder diese Rolle verloren haben: Ruwen disqualifizierte sich durch das Schlafen mit der Nebenfrau seines Vaters und seinen gescheiterten Rettungsversuch bei Josef. Schimon und Levi schieden durch ihre gewalttätige Rache in Sichem aus. Jehuda hingegen übernimmt Verantwortung. Er bürgt beim Vater für Benjamin und tritt am Ende des Abschnitts vor Josef, um für den jüngsten Bruder zu plädieren. Katz hebt hervor, dass Jehuda durch dieses verantwortungsvolle Handeln zum Stammvater des wichtigsten Stammes Israels wird, von dem sich auch die Bezeichnung „Juden“ ableitet. Dies folge einem biblischen Muster, bei dem oft jüngere Söhne aufgrund ihrer Taten den Vorrang vor den Erstgeborenen erhalten.
Der Wochenabschnitt endet mit einem Cliffhanger: Die Brüder stehen vor Josef, Benjamin droht die Gefangenschaft, und die Spannung ist auf dem Höhepunkt. Die Auflösung und Versöhnung, so Katz, erfolge erst in der Lesung der nächsten Woche, wenn Jehuda die Prüfung besteht und die Familie wieder vereint wird.











