Der Wochenabschnitt Chukkat im 4. Buch Mose 19–22,1 beginnt mit den Gesetzen über die rote Kuh. Ihre Asche diente der rituellen Reinigung für diejenigen, die mit dem Tod in Berührung gekommen sind.
Rabbiner Andrew Steiman versucht den Sinn der Vorschrift zu entschlüsseln. Dazu dienen ihm die Gegensatzpaare Instinkt und Rationalität sowie Tod und Leben. Das Ritual der Roten Kuh spricht den destruktivsten aller vorrationalen Instinkte an: das, was Sigmund Freud Tanatos nannte, den Todestrieb. Er ist ein Trieb zur Aggression und Destruktion. Das Ritual der Roten Kuh ist eine starke Aussage, dass das Heilige im Leben und nicht im Tod zu finden ist. Der Todestrieb ist mächtig, irrational und weitgehend unbewusst.
Im Hebräischen leitet sich das Wort Chok von dem Verb „einmeißeln“ ab. So wie ein Gesetz in Stein gemeißelt wird, wird eine Verhaltensgewohnheit tief in unser Unterbewusstsein eingegraben und verändert unsere instinktiven Reaktionen. Das Ergebnis ist eine Persönlichkeit, die Tod und Heiligkeit als zwei völlig gegensätzliche Zustände zu betrachten gelernt hat.
Rationalität, die an sich sehr wichtig ist, ist nur die eine Hälfte dessen, was uns zu dem macht, was wir sind. Wir müssen die andere Hälfte formen und kontrollieren, wenn wir den Instinkt zu Aggression, Gewalt und Tod, der nicht weit unter der Oberfläche des bewussten Verstandes lauert, überwinden wollen.
Die heutige Tora-Auslegung findest du ebenfalls in meinem YouTube-Kanal. Außerdem kannst du sie als Podcast hören – in der „Substack“-App oder überall dort, wo du sonst deine Podcasts hörst – unter dem Titel „Wort zum Schabbat“.
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