Rabbiner Dr. Daniel Katz spricht in seiner Auslegung zu den am Schabbat zusammen gelesenen Wochenabschnitten Tasria und Mezora, 3. Buch Mose, Kapitel 12–15, über die Themen Reinheit und Unreinheit, insbesondere das Phänom des sogenannten „Aussatzes“ (hebräisch: Zaraat).
Bei ahavta - Begegnungen kannst du den Tora-Abschnitt der Woche in der Übersetzung durch Rabbiner Simon Bernfeld lesen oder sogar als Podcast anhören:
Doppelte Parasha und ihre Einordnung
Katz beginnt mit einer Einordnung der doppelten Lesung: Im jüdischen Kalender gibt es mehr Wochenabschnitte (Paraschiot) als Wochen im Jahr, weshalb manche Abschnitte zusammengelegt werden. „Tasria“ und „Mezora“ sind ein solches Paar. Er betonte, dass die Länge eines Wochenabschnitts oft im umgekehrten Verhältnis zu seiner Schwierigkeit steht: Kurze Abschnitte wie „Haasinu“ sind sprachlich und inhaltlich oft komplexer, während längere Paraschiot wie die vorliegenden durch viele Wiederholungen geprägt sind und sprachlich weniger anspruchsvoll erscheinen.
Aussatz und gesellschaftlicher Umgang
Im Zentrum der Abschnitte steht die Beschreibung von Zaraat, einer Hautkrankheit, die nicht nur Menschen, sondern auch Kleidung und Häuser befallen kann. Katz hebt hervor, dass der Begriff „Aussatz“ medizinisch nicht präzise ist, aber als Oberbegriff für einen Zustand von Unreinheit dient. Die Tora beschreibt detailliert, wie der Priester (und nicht etwa ein Rabbiner) als gesellschaftliche Autorität den Zustand beurteilt, den Betroffenen besucht, untersucht und über das weitere Vorgehen entscheidet. Wichtig ist dabei das Prinzip, dass der Betroffene nicht einfach isoliert wird, sondern Zuwendung, Begleitung und regelmäßige Nachsorge erfährt. Dies sieht Katz als Vorbild für einen menschlichen Umgang mit Kranken und Ausgegrenzten – es geht um Fürsorge, Respekt und die Wahrung der Würde des Einzelnen.
Übertragung auf Gegenstände und Häuser
Bemerkenswert ist, dass sich die Unreinheit auch auf Gegenstände und Häuser erstrecken kann. Katz betont, dass dies eine besondere Herausforderung für die Betroffenen darstellt, etwa wenn ein Haus als unbewohnbar erklärt wird. Auch hier steht der Priester als Vertreter der Gemeinschaft im Mittelpunkt, der nicht nur die Sache beurteilt, sondern sich auch um die Menschen kümmert, die davon betroffen sind.
Spirituelle und gesellschaftliche Bedeutung
Katz ordnet die Abschnitte in den größeren Zusammenhang des jüdischen Jahreskreises ein: Wir befinden uns etwa in der Mitte zwischen Pessach und Schawuot, also auch in einer „Mitte“ des spirituellen Weges. Er betonte, dass die Tora-Lesung ein fortlaufender Kreis sei, der nie endet – mit Simchat Tora beginnt der Zyklus von Neuem. Gerade Paraschot, deren Inhalt uns heute fremd erscheinen mag, laden dazu ein, eine tiefere spirituelle Bedeutung zu suchen: Es geht letztlich um den Umgang mit schwierigen Situationen, um Gemeinschaft und um die Verantwortung füreinander.
Historischer Wandel der Priesterfunktionen
Katz geht auch auf die historische Entwicklung ein: Mit der Zerstörung des Tempels endete das offizielle Priestertum, viele Aufgaben gingen auf die Gemeinschaft über. Heute gibt es nur noch wenige priesterliche Funktionen, etwa den Priestersegen oder die Auslösung des Erstgeborenen. Die Sorge füreinander, das gegenseitige Besuchen und Unterstützen, sieht Katz aber nicht als spezifisch priesterliche, sondern als allgemeine menschliche und gemeinschaftliche Aufgabe – ein Prinzip, das sowohl im Judentum als auch in anderen Religionen verankert ist.
Die Tora-Auslegung des Rabbiners kannst du auch als Podcast hören – in der „Substack“-App oder überall, wo es Podcasts gibt – unter dem Titel „Wort zum Schabbat“.
Freitags um 14 Uhr kannst du live dabei sein, wenn ein Rabbiner oder Lehrer seine Beobachtungen zum Wochenabschnitt der Tora weitergibt. So nimmst du teil:
Über die Website ahavta.clickmeeting.com.
Nur bei einer mobile Anwendung brauchst du die Event-ID: 922-427-295
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